CO2-Grenzwerte für Lkw: EU-Minister vertagen E-Fuel-Diskussion

Nach langer Diskussion haben sich die EU-Umweltminister am Montagabend in Luxemburg auf eine gemeinsame Position zur Neufassung der CO₂-Grenzwertverordnung für schwere Nutzfahrzeuge geeinigt. Mit dieser wollen sie in die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament gehen, sobald auch dieses eine Position eingenommen hat. Die Minister unterstützen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte. Demnach müssen die Lkw-Hersteller den CO₂-Ausstoß im Flottendurchschnitt bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 2019 reduzieren. Das Ziel für 2030 soll von den derzeit geltenden 30 Prozent CO₂-Minderung auf 45 Prozent erhöht werden. Allerdings gab es bis zum Schluss der Ratssitzung Forderungen, dies noch abzusenken, und unter anderem sprachen sich Polen, Estland und die Slowakei deswegen gegen den Kompromiss aus.
Revision soll auf 2027 vorgezogen werden
Wenn die geplanten neuen Grenzwerte beschlossen sind, sollen sie nach dem Willen der Minister bereits 2027 statt 2028 erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Dann soll auch die Diskussion darüber weitergehen, ob zur Erreichung der Grenzwerte auch die CO₂-Minderung durch Biokraftstoffe oder E-Fuels angerechnet werden darf. Nach dem derzeit vorgesehenen Gesetzestext sind allein die CO₂-Emissionen am Auspuff ausschlaggebend. Die EU-Kommission soll 2027 einen Bericht dazu vorlegen, ob die Klimaschutzeffekte von alternativen Treibstoffen über einen Kohlenstoff-Korrekturfaktor (Carbon Correction Factor) angerechnet werden können. Zudem soll die Kommission dann darüber berichten, wie weit der Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur für mit Strom oder Wasserstoff betriebene Lkw vorangekommen ist.
Lemke lehnt CO₂-Korrekturfaktor ab
Ein CO₂-Korrekturfaktor wurde besonders nachdrücklich von Italien gefordert. Andere große Länder wie Frankreich und Deutschland lehnten ihn aber ab. „Dieser würde erstens das Ambitionsniveau beim Klimaschutz absenken, zweitens die Planungssicherheit für die Industrie untergraben und drittens eine bürokratische, komplizierte Lösung schaffen“, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) in der Ratssitzung. Außerdem werde dadurch die Nachfrage nach „Agrokraftstoffen“ angereizt. „Das kann nicht in unserem Sinne sein“, sagte Lemke und verwies auf Dürren und Überflutungen.
Gleichzeitig ersuchte die Bundesregierung darum, bei der Revision der Verordnung zu prüfen, welche Rolle E-Fuels bei der Einhaltung der Grenzwerte spielen können. Dazu reichte Lemke am Ende sogar noch eine Protokollnotiz ein. Der neue EU-Klimaschutzkommissar Wopke Hoekstra sagte zu, das zu prüfen, sofern dann „entsprechende Technologien“ zur Verfügung ständen.
Rat will Geltungsbereich ausweiten
Die Umweltminister wollen den Geltungsbereich der Verordnung im Vergleich zum Kommissionsvorschlag ausweiten und mehr kleinere Nutzfahrzeuge einbeziehen. Ausnahmen für Fahrzeuge, die für Bergbau, Forst- und Landwirtschaft, vom Zivilschutz, dem Militär, von Polizei, Feuerwehr oder Krankenhäusern sowie von der Müllabfuhr genutzt werden, will aber auch der Ministerrat zugestehen.
CO₂-Minderungsziele soll es auch für Anhänger und Auflieger geben. Die Minister wollen die Minderungsvorgabe hier allerdings von 15 Prozent auf 7,5 Prozent halbieren. Als Nullemissionsfahrzeuge sollen Anhänger und Sattelauflieger mit Hilfsantrieb dann gelten, wenn sie maximal 1 Gramm Kohlendioxid pro Tonnenkilometer verursachen. Die Kommission hat 5 Gramm vorgeschlagen.
Höhere Hürde für Nullemissionsfahrzeuge
Für die Lkw selbst will der Rat den Schwellenwert für Nullemissionsfahrzeuge bei 3 Gramm pro Tonnenkilometer (statt 5 Gramm im Kommissionsvorschlag) festlegen. Das erlaube immer noch die Einstufung von Wasserstoff-Verbrennungsmotoren als Nullemissionstechnologie, teilte die spanische EU-Ratspräsidentschaft mit. Die Minister wollen auch eine neue Kategorie für besonders schwere Fahrzeugkombinationen in die Verordnung aufnehmen, um deren Energieeffizienz Rechnung zu tragen.
„Mit der heutigen Einigung haben wir unsere Verpflichtung bekräftigt, unsere ehrgeizigen Klimaschutzziele zu erreichen“, sagte die Ratsvorsitzende, Spaniens Ministerin für ökologische Transition, Teresa Ribera Rodriguez. „Gleichzeitig sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, indem wir den Fahrplan für neue Investitionen verdeutlichen.“ Um eine Einigung zu erreichen, hatten die Spanier ihr Kompromisspapier am Nachmittag nochmals überarbeitet. Nach der ersten Aussprache am Vormittag gab es noch keinen Konsens im Rat.
Im Europäischen Parlament will der federführend zuständige Umweltausschuss am 24. Oktober über die geplanten CO₂-Grenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge abstimmen.