Drohnen brauchen mehr Platz als gedacht

Die infrastrukturellen Anforderungen für den Einsatz von Drohnen in der urbanen Güterverkehrslogistik sind komplex. Ein Einblick.

Die großen Lieferdrohnen brauchen auch entsprechende Start- und Landeflächen. (Foto: Wing)

Der urbane Lieferverkehr über die Straße ist gekennzeichnet durch hohe Zeitverluste infolge von Staus und Haltesuchverkehren, fehlendem Personal für die Zustellung und Folgekosten durch Unfälle. All dies spricht für die Suche nach alternativen Transportlösungen in der dritten Dimension Luft, um den urbanen Raum zu versorgen. Inzwischen befindet sich eine Vielzahl von Lieferdrohnen in der Entwicklung, die schon seit geraumer Zeit beispielsweise für zeitkritische Sendungen wie medizinische Produkte (ein Beispiel: Medifly) oder im KEP-Segment etwa von DHL erprobt werden. Da nahezu alle Drohnen elektrisch angetrieben werden, muss für den praktischen Einsatz der Drohnen im urbanen Gütertransport neben der Infrastruktur des autonomen Verkehrssystems selbst auch der Bedarf an logistischer Infrastruktur, an Energieversorgungsin- frastruktur sowie an Informations- und Kommunikations- (IuK) Infrastruktur geprüft und bereitgestellt werden.

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kommerziell genutzte Drohnen sollen bereits 2025 in Deutschland unterwegs sein.

Quelle: BDL

Das verbindende Element der Logistik- zur Verkehrsinfrastruktur bilden die Start- und Landeflächen mit gegebenenfalls Umschlagflächen für die Sendungen und Energieversorgungsmöglichkeiten sowie Platz für die entsprechenden Sicherheitseinrichtungen. Die vielen verschiedenen Nutzungsansprüche der öffentlichen Infrastruktur sprechen allerdings dagegen, dass urbaner öffentlicher Raum für Start- und Landeaktivitäten bereitgestellt wird. Es muss demnach eine Fläche auf privatem Grund gefunden werden. Zunächst bieten sich Hallendächer und Freiflächen auf dem eigenen Betriebsgelände an. Darüber hinaus kann auch in eigene Logistikimmobilien für die Drohnen und deren Lade- sowie IuK-Infrastruktur investiert werden. In der Regel wird es aber darauf ankommen, den Warenfluss so kurz und umschlagfrei wie möglich zu halten, beispielsweise durch eigene Rampen für die Drohnen an der vorhandenen Immobilie. So wäre auch eine automatisierte Be- und Entladung möglich.

Außer auf fest installierten Flächen kann die Bestückung der Drohne auch an Rendezvouspunkten, beispielsweise mobil auf einem Fahrzeugdach, stattfinden. Versuche dazu gab es bereits von den Unternehmen Mercedes-Benz oder UPS. Auch mobile Trailer für Lkw wurden bereits entwickelt, wie das Mobile Vertipad des Unternehmens Schwarzmüller und Lösungen für Schwerlastdrohnen mit batterieelektrischem Antrieb von Volocopter.

Als Zustellknoten beim privaten Kunden kommen der Garten, der Balkon oder die Dachterrasse infrage. Da gerade im städtischen Bereich diese häufig nicht vorhanden sind, gibt es erste technologische Lösungen wie Win-Port, um Start- und Landemöglichkeiten zu schaffen. Win-Port lässt sich nahe am Fenster an der Hauswand montieren, ist ausklappbar und ermöglicht die Ablage der Sendung sowie das Aufladen der Drohne. Derartige Lösungen können auch für kleine und zeitkritische Sendungen am Gewerbestandort zum Einsatz kommen.

Amazon Prime Air testet seit Ende 2022 die Lieferdrohnen MK27-2 in zwei US-Städten. Die Flugroboter können für Paketgewichte von bis zu knapp 2,5 Kilogramm eingesetzt werden. (Foto: Amazon)
Die Visualisierung zeigt eine Studie der neuen MK30, die leichter und kleiner ist und ab 2024 zum Einsatz kommen soll. (Foto: Amazon)

Sicherheitsabstände beachten

Sowohl bei der Einrichtung der Start- und Landeflächen als auch für den Transport selbst müssen Flächen eingeplant werden, um die notwendigen Sicherheitsabstände zu schützenswerten Objekten im Luftraum einhalten zu können. Aus der jetzigen Gesetzeslage (EU-Drohnenverordnung (2019/947 und 2020/746)) kann abgeleitet werden: Je höher die Flughöhe und die Geschwindigkeit, desto mehr Abstand muss zu Objekten gehalten werden. Neben dieser Start- und Landetraktorie gilt es auch, die wetter- und umfeldbedingten Instabilitäten in der schwebenden Position zu berücksichtigen und entsprechenden Sicherungsraum zu schaffen.

Die Größe der gesamten benötigten Flächen hängt zunächst vom Drohnentyp, dessen Größe, Gewicht und Flugbahn sowie der Geometrie und des Gewichts des Transportguts ab. Kleine Zustelldrohnen sind wie Hubschrauber als Senkrechtstarter ausgelegt und brauchen nur sogenannte Vertiports. Hierbei handelt es sich um Land- oder Wasserflächen oder Bauwerke, die für den Start und die Landung von Vertical Take-Off and Landing (VTOL) Unmanned Aerial Vehicles verwendet werden können, beschreibt die europäische Agentur für Flugsicherheit EASA.

Aber auch Vertiports benötigen zusätzliche Sicherheitsflächen. Die mobile Lösung für große Schwerlastdrohnen von Schwarzmüller hat beispielsweise eine Länge von zwölf Metern, eine Breite von 2,4 Metern und eine Höhe von 3,9 Metern und kann sich zu einer kreisförmigen Plattform mit einem Durchmesser von 20 Metern ausbreiten. Diese ist für eine Drohne mit einer Nutzlast von 200 Kilogramm ausgelegt. Hinzu kommen Flächenbedarfe an den Übergabepunkten für das Abstellen und gegebenenfalls Konsolidieren oder Vereinzeln der Sendungen.

Je nach Ausführung der Drohne und nach deren Einsatzgebiet gilt es, an jedem Knoten notwendige Ladeinfrastruktur vorzuhalten, die auch den sicherheitstechnischen Aspekten von Drohnen an Ladestationen entspricht. Für die Energieversorgung wurden in der Vergangenheit bereits Drohnen mit batterieelektrischem Antrieb und eigenen Solarmodulen erprobt wie die Solardrohne „Solitair“, die allerdings das Beiladungsgewicht reduzieren. Durch den Einsatz von Wechselbatterien kann die Stillstandzeit der Drohne gesenkt werden.

Das US-amerikanische Unternehmen Wing ist bereits auf vielen Kontinenten aktiv. (Foto: Wing)
In Australien werden Online-Bestellungen der Kunden der Supermarktketten Coles und Doordash von ihren Lieferdrohnen zeitnah ausgeliefert. (Foto: Wing)
Ladeluke für einen Zipline-Droiden. Mit Ladung wird er an einem Seil in den Bauch einer Drohne gezogen, am Zielort dann punktgenau auf den Anlieferplatz abgesenkt und die Ware sanft abgestellt. (Foto: Zipline)

Weitere Erprobungen für senkrecht startende Drohnen fanden mit Hydraulik oder Wasserstoffantrieb statt, etwa von Volocopter und Flowcopter sowie im Projekt Fly Hy unter Beteiligung des Thüringer Instituts Hyson. Die notwendige Energieversorgungsinfrastruktur von Drohnen sollte aus Effizienzgesichtspunkten direkt am Be- und Entladeort vorgehalten werden. Idealerweise befinden sich Start- und Landepunkt in kurzer Distanz zur Abladestelle, um den Energieverbrauch und die Zahl ungebündelter Transporte gering zu halten.

Darüber hinaus ist eine zuverlässige, flächendeckende und hochleistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur für ein effizientes Luftraummanagement erforderlich. Die Lieferdrohnen müssen jederzeit gesteuert und überwacht werden können. Zur Erhöhung der Sicherheit im Luftraum arbeiten hier bereits die Droniq GmbH und die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH an der Integration der Drohnen in den Luftraum durch eine zuverlässige Kommunikation zwischen Flugobjekten sowie Bodenstationen.

Der innerstädtische Flächenbedarf ist also auch bei Einsatz kleiner Lieferdrohnen wesentlich höher, als die Größe der Drohnen dies vermuten lassen würde. Neben der Infrastruktur für logistische Aktivitäten sowie den Betrieb selbst werden Flächen für die Energiebereitstellung sowie für Wartung und Instandhaltung benötigt.

Eine zentrale Rolle spielen Sicherheitsaspekte beim Aufbau der Ladenetze, Parkpositionen für elektrifizierte Drohnen sowie Sicherheitsabstände zu Objekten auch während des Flugs. Gerade bei Letzteren bestehen in der Auslegung noch große Unsicherheiten, da zwar bereits der Rechtsrahmen zur Entwicklung von U-Space von der EU vorgelegt wurde, aber die Ausgestaltung dieses neuen Verkehrssystems in Deutschland noch aussteht. (zp/fh)

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