Johann Killinger: „Die Energiepreise müssen runter“

Der Hafen-, Logistik- und Energieunternehmer von der Hamburger Buss-Gruppe spricht mit der DVZ über seine Wünsche an die neue Bundesregierung sowie die Höhen und Tiefen seines Berufs- und Privatlebens.

Johann Killinger im Hafen von Stade: Mit drei weiteren Partnern baut er dort das erste landbasierte Importterminal Deutschlands für verflüssigte Gase. Es soll 2027 in Betrieb gehen. (Foto: Bertold Fabricius)

Johann Killinger startet seinen Tag am liebsten mit einer Runde Rudern auf der Hamburger Außenalster. „Das hat etwas Reinigendes und ist, wie in die Kirche zu gehen.“ Zudem kommen ihm beim Sport an der frischen Luft häufig Ideen für die Weiterentwicklung seines Unternehmens. Der geschäftsführende Gesellschafter der Buss Gruppe versucht, mindestens drei Tage pro Woche aufs Wasser zu kommen. Das gelingt allerdings nicht immer, denn für gewöhnlich arbeitet er 50 bis 60 Stunden.

Dieser Tage feiert Killinger seinen 65. Geburtstag – ein Grund, ans Aufhören zu denken, ist das für ihn nicht. Allerdings arbeite er heute deutlich weniger operativ als noch vor einigen Jahren. Er will sich künftig noch mehr um die Gesamtstrategie, Organisationsstruktur und die Suche nach Personal kümmern.

Killinger diversifiziert Buss

Eine Ausnahme bildet das landbasierte LNG-Terminal im niedersächsischen Stade, das er mit initiiert hat und an dem Buss beteiligt ist. Für das Projekt habe er sich operativ tief in den globalen Energiemarkt und die Wirtschaftspolitik eingearbeitet. Der dort ansässige und ebenfalls beteiligte Chemiekonzern Dow mache Stade zu einem idealen Standort für ein solches Terminal, ist Killinger überzeugt. Es seien das nötige Know-how und die Infrastruktur vorhanden, woraus sich vielfältige Synergien ergeben würden. Perspektivisch sollen über die Anlage, deren Inbetriebnahme für 2027 geplant ist, auch grüne Energieträger wie Wasserstoff importiert werden.

Von der neuen Bundesregierung wünscht sich Killinger, dass Verfahren für solche und künftige Großprojekte verkürzt und vereinfacht werden. „Außerdem muss die Regierung dafür sorgen, die Energiekosten zu senken. Das ist zentral, denn mit den bisherigen Preisen ist Deutschland nicht wettbewerbsfähig.“ In seinen mittlerweile gut 34 Jahren bei Buss hat er den ursprünglich hauptsächlich in Hamburg tätigen Hafenlogistiker deutlich breiter aufgestellt. Heute umfasst das Portfolio zusätzlich auch die Bereiche Gas und Wasserstoff, Logistikimmobilien sowie die Bereederung von Schiffen und eine Sparte für Investments.

Killingers Familie hält eine Minderheitsbeteiligung an Buss, als der promovierte Jurist 1991 als Projektleiter in das Unternehmen einsteigt und dessen erste Logistikimmobilie im Hamburger Hafen entwickelt. Als er 2002 alleiniger Gesellschafter der gesamten Gruppe wird, ist das Unternehmen ein Sanierungsfall, erinnert sich Killinger. Das Kerngeschäft – der konventionelle Güterumschlag und die Stauerei – war stark rückläufig. Es habe die dringende Notwendigkeit bestanden, Buss neu aufzustellen. Ein Meilenstein dabei sei die Gründung des Emissionshauses Buss Capital gewesen. „Dieser Schritt hat geholfen, besseren Zugang zum Kapitalmarkt zu erhalten und effizientere Strukturen zu schaffen. Das war essenziell für alle weiteren Vorhaben von Buss“, erklärt Killinger. Seit 2011 betreibt Buss im niederländischen Eemshaven ein Mehrzweckterminal, das vor allem als Basis für Offshore-Windprojekte dient. Seit kurzem übernimmt Buss auch im dänischen Thyborøn die Hafenlogistik für den Energiekonzern RWE, der vor der Küste einen großen Offshore-Windpark baut. „Im Bereich Windpark-Installation haben wir uns zu einem der Marktführer entwickelt“, sagt Killinger. In Deutschland kann er sich vorstellen, am bisherigen Buss-Standort in Sassnitz verstärkt Offshore-Komponenten umzuschlagen. Für die nötige Planungssicherheit sei seitens der Politik allerdings ein verlässlicher Ausbaupfad für die erneuerbaren Energien nötig.

Bei allen Aktivitäten versucht Killinger, neue Märkte zu erschließen, bevor sie massentauglich und somit unattraktiver werden. „Als Mittelständler müssen wir besser sein als ein großer Konzern“, beschreibt er seine Philosophie. Ein Großunternehmen sei zwar kapitalkräftiger und könne Skaleneffekte nutzen, als Mittelständler mit gut 500 Beschäftigten sei Buss aber schneller und agiere persönlicher. Ein Kapitel, das für den gebürtigen Hamburger zwar längst abgeschlossen ist, mit dem er aber unweigerlich in Verbindung gebracht wird, ist die vorzeitige Räumung des Hansa Terminals und anderer Flächen im Hamburger Hafen vor bald zehn Jahren. Dafür handelte er bei der HPA eine Entschädigung in Millionenhöhe aus, was ihm damals massive Kritik von den Arbeitern einbrachte, die sich eine höhere Abfindung erhofft hatten. „Der Deal mit der Stadt war nie das, was ich wollte, sondern ich wollte Buss immer als Hafenunternehmen weiterentwickeln. Denn der Name war etabliert.“ Rückblickend bezeichnet Killinger die Gespräche mit der Stadt als „gigantische Zeitverschwendung in meinen besten Jahren“. Das Vorhaben der Stadt sei ein Schildbürgerstreich gewesen. Die Flächen liegen seitdem brach.

Als Mittelständler müssen wir besser sein als ein Konzern. Johann Killinger

Auch wenn Buss vorerst nicht mehr im Hamburger Hafengeschäft aktiv ist, beobachtet Killinger die Wirtschaftspolitik der Stadt genau und äußert sich gelegentlich dazu. Er kann keine zwischen Stadt, Hafenverwaltung und -wirtschaft abgestimmte Idee erkennen, wie der Standort weiterentwickelt werden könne. „Das ist Stückwerk.“ Angesichts der stagnierenden Mengenprognose und Flächenpotenziale hielte er eine konsequente Stadtentwicklung auf dem Areal Grasbrook für sinnvoller, sodass der dort ansässige Mehrzweckumschlag im mittleren Hafen gebündelt werden könnte. Ähnliches gilt für den Neubau der Köhlbrandbrücke. „Die Stadt sollte sich eingehender mit Hafenentwicklungsszenarien auseinandersetzen, bevor sie in erheblichem Maße Steuergelder für eine in der Form wahrscheinlich nicht benötigte neue Brücke ausgibt.“ Den HHLA-MSC-Deal sieht Killinger hingegen als „Befreiungsschlag“ für den Hafen. Er hofft, dass durch den Einstieg von MSC die seit Jahren festgefahrenen Strukturen im Hafen aufgebrochen werden.

Familiärer Schicksalsschlag

Privat erlebt Killinger vor sechs Jahren einen Einschnitt, der sein Leben in ein Davor und ein Danach teilt. Im Alter von 14 Jahren stirbt sein Sohn Oskar am plötzlichen Epilepsietod. „Das war eine enorme Zäsur für alles, und ich denke jeden Tag daran.“ Killinger sieht in dem Tod ein systemisches Versagen der Medizin und fühlt sich von den Ärzten nicht richtig über die Risiken der Krankheit aufgeklärt, obwohl das rechtlich vorgeschrieben sei. Der Tod seines Sohnes hat ihn und seine Ex-Frau dazu bewogen, die Oskar-Killinger-Stiftung zu gründen. Ihr Ziel ist es, flächendeckende Aufklärung über die Risiken der Krankheit zu leisten. Schließlich gäbe es rund 700 Todesfälle pro Jahr, von denen ein erheblicher Teil vermeidbar wäre, sagt Killinger. Er engagiert sich vor allem finanziell – mehr als eine halbe Million Euro habe er bereits für die Stiftungsarbeit beigesteuert. „Das ist mein Herzensanliegen. Andere Familien sollen nicht das Gleiche durchmachen müssen wie wir.“

Ihr Feedback
Teilen
Drucken

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ, DVZ-Brief oder DVZ plus 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt 4 Wochen kostenlos testen

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Sie sind noch kein Abonnent?

Testen Sie DVZ, DVZ-Brief oder DVZ plus 4 Wochen im Probeabo und überzeugen Sie sich von unserem umfassenden Informationsangebot.

  • Online Zugang
  • Täglicher Newsletter
  • Wöchentliches E-paper

 

Zum Probeabo

Jetzt 4 Wochen kostenlos testen

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Kundenservice

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie uns gerne.

Nach oben