Fachkräftemangel: Die Branche ist nicht fit für die Zukunft

Wie sehr die Logistik unter dem bestehenden Fachkräftemangel leidet, war am Donnerstagnachmittag auch bei einer Diskussionsrunde auf dem Deutschen Logistik-Kongress deutlich zu spüren. Ansätze gibt es viele, doch die Branche darf nicht länger unter sich bleiben.

Wie sehr die Logistik unter dem bestehenden Fachkräftemangel leidet, war am Donnerstagnachmittag auch bei einer Diskussionsrunde auf dem Deutschen Logistik-Kongress deutlich zu spüren. (Foto: Dierk Kruse)

Wie können die Berufe in der Logistik attraktiver gestaltet werden? Diese Frage und die Sorge um die Zukunft der Branche beschäftigten am zweiten Tag des Deutschen Logistik-Kongresses eine Diskussionsrunde unter der Moderation von Christina Thurner, Vorstandsmitglied der Loxxess AG.

Der demografische Wandel schreitet voran, die junge Generation Z klopft an die Türen des Arbeitsmarktes, „tickt anders“ und muss auch anders geführt werden, meint Sabrina Krauss, Professorin für Psychologie an der SRH Hochschule in Nordrhein-Westfalen. Die Branche wirke spröde, rückschrittlich und wenig innovativ. „Warum weiß denn draußen keiner, wie cool Logistik ist, wenn sich hier alle so einig sind?“ fragte Krauss provokativ in die Runde.

Die Antwort der Branchenexperten folgte prompt. „Man muss diesen Wandel auch verträglich gestalten“, konterte Vanessa Eller, Projektmanagerin bei der Otto Group. Sie und ihre Kollegin Luisa Emmelmann setzen sich für einen Kulturwandel in der Logistik ein. Mitarbeitende sollen so an Veränderungsprozessen teilhaben und mehr Wertschätzung, Autonomie, Zugehörigkeitsgefühl und Weiterbildungsmöglichkeiten erhalten.

Das Münchener Start-up Fernride setzt zur Bekämpfung des Fachkräftemangels auf Teleoperation. Eine Technik, die es Fahrern ermöglicht, Lkw per Fernsteuerung aus einem Büro heraus zu koordinieren, erklärte Bene Fried, Senior Business Developer. Konkret bedeutet das: Weg von der körperlich harten Arbeit, hin zum digitalen Flottenmanagement und zu einer ausgewogeneren Work-Life-Balance.

So könnten künftig auch mehr Frauen oder Menschen mit körperlicher Behinderung angelockt werden, hofft Fried. Auch die Voraussetzungen für den Job könnten in der Zukunft beispielsweise durch die fehlende Notwendigkeit eines Lkw-Führerscheins gesenkt werden. „Automatisiertes und auch autonomes Fahren kann in der Zukunft einen großen Mehrwert bieten, aber da sind wir eben noch nicht“, sagte Fried.

Auch dem Start-up German Bionic ist die Reduzierung der körperlichen Last für Logistiker ein Anliegen. Dafür hat das Unternehmen Exoskelette entwickelt, die gesundheitlichen Folgeschäden vorbeugen sollen. Ein Hilfsmittel, das CPO Norma Steller als Chance sieht, jungen Menschen die Angst vor der hohen körperlichen Belastung in vielen Logistikberufen zu nehmen.

Insgesamt waren sich die Teilnehmenden der Veranstaltung einig: Die Branche muss sich der Verantwortung stellen und Berufsbilder fit für die Zukunft machen. „Es ist für die Logistik kurz vor zwölf, den Wandel auf dem Arbeitsmarkt mitzugehen“, so Krauss. „Wenn die Branche es nicht schafft zu erklären, was sie ist, was sie leistet, und warum sie essenziell ist, dann werden die aktuellen Probleme in der Personalgewinnung viele Unternehmen in die Knie zwingen.“

Und egal, wie weit die Digitalisierung auch mittlerweile fortgeschritten ist, so wird der Mensch in absehbarer Zeit dennoch der entscheidende Faktor bleiben, resümierte Thurner: „Es wird nicht alles mit Automatisierung zu lösen sein, jedenfalls nicht in näherer Zukunft.“

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