Automotive: Nach Produktionsproblemen jetzt Kaufzurückhaltung

Lange konnten die Autohersteller gar nicht so viele Fahrzeuge bauen, wie die Menschen kaufen wollten. Jetzt steigt die Produktion, doch die Kunden zögern. „Viele Menschen schieben den Autokauf auf“, sagt ZDK-Vize Thomas Peckruhn.

Hof eines VW-Händlers. (Foto: dpa/ Winfried Rothermel)

Der Kauf eines Autos könnte für Verbraucher bald wieder erschwinglicher werden. Im Moment sind Neuwagen und junge Gebrauchte noch außergewöhnlich teuer, weil die Autobauer bei der Produktion lange ausgebremst wurden. Doch nun sehen Autohandel und Branchenexperten Anzeichen für eine Trendwende: Die Produktion läuft besser, aber die Kunden halten sich zurück.

„Inzwischen sehen wir einen deutlichen Rückgang in der privaten Nachfrage – sowohl bei Neu- als auch bei Gebrauchtwagen“, sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Auch Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft, sagt: „Die Nachfrage sinkt.“ Der Branchenverband VDA registrierte im Oktober gut ein Drittel weniger Aufträge aus dem Inland. Und erst vor wenigen Tagen warnte der Präsident des Importeurverbands VDIK, Reinhard Zirpel: „Die Kaufzurückhaltung der Kunden könnte dem Markt bald wieder ebenso zu schaffen machen wie angespannte Lieferketten.“

Käufer warten ab

Die Kürzungen bei der Förderung für Elektroautos und die steigenden Kraftstoffpreise hätten Kunden komplett verunsichert, sagt ZDK-Vize Peckruhn, dem eine Gruppe von Autohäusern gehört. Zudem „wollen viele Menschen im Angesicht der Krise derzeit ihr Geld zusammenhalten“. Auch der Marktbeobachter DAT konstatiert, dass Anschaffungen wie ein Autokauf sorgfältiger überdacht würden. „Die Menschen wissen schlicht noch nicht, ob oder wie lange das eigene Geld reicht“, sagte ein Sprecher. Viele Käufer warteten auch ab, „in der Hoffnung, dass die Preise für Gebrauchtwagen und auch für Kraftstoffe wieder etwas sinken“.

In den Zahlen ist das noch nicht zu sehen. Die von der DAT erhobenen Restwerte stagnieren seit ungefähr einem halben Jahr, im September ergab sich ein Allzeithoch für drei Jahre alte Benziner. Und bei Neuwagen sind dem Marktbeobachter zufolge zumindest die Listenpreise seit Anfang 2019 um gut ein Fünftel gestiegen. Allerdings sagen die Listenpreise der Neuwagen noch nicht, wie viel am Ende wirklich bezahlt wird. Und Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer stellte jüngst wieder steigende Rabatte fest.

Im Moment werde die sinkende Nachfrage noch von den hohen Auftragsbeständen kaschiert, sagt Reindl. Doch was bedeutet der aktuelle Wandel für die Autopreise? Dudenhöffer sagte jüngst: „Die Zeit der Rabatte kommt wieder zurück.“ Und auch Reindl meint: „Ich glaube nicht, dass sich die Hersteller auf Dauer von ihrer Rabattpolitik verabschiedet haben. Wenn die aktuellen Krisen überstanden sind, wird auch der Preiswettbewerb wieder zunehmen. Einfach weil die Hersteller ihre Fabriken auslasten wollen.“

Audi und BMW: Preise weiter stabil

Doch es gibt auch andere Einschätzungen. Peckruhn sieht zwar bei den Gebrauchten das Maximum erreicht, doch bei den Neuwagen erwartet er keinen Rückfall „in alte Preiskämpfe“ – sprich hohe Rabatte.

Autohersteller äußern sich ähnlich: Audi-Finanzvorstand Jürgen Rittersberger rechnet damit, dass die Nachfrage auch nächstes Jahr noch größer sein wird als die Produktion. Daher seien die Preise weiterhin stabil hoch. BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter sprach bei der Vorlage der Quartalszahlen ebenfalls von stabilen Preisen auch im kommenden Jahr.

Die DAT nennt zudem einen weiteren Faktor, der die Anschaffung eines Neuwagens für einen Teil der Kunden teurer machen wird: Die steigenden Zinsen machen Finanzierungen teurer. Die Zeiten „von sehr günstigen und stark subventionierten Leasing- und Finanzierungsraten“ seien erstmal vorbei.

Wer kein neues Auto kauft, lässt sein altes lieber doch noch einmal reparieren: Die Autowerkstätten seien sehr gut ausgelastet, sagt Peckruhn. Der Autohandel habe die Belastung durch Corona „sehr gut kompensieren können“.

Auch Reindl sagt, der Handel habe „relativ gut verdient – auch dank Maßnahmen wie Kurzarbeit und des profitablen Gebrauchtwagengeschäfts“. Vergangenes Jahr habe es sogar leicht überdurchschnittliche Renditen gegeben. Dennoch stellt Reindl eine beschleunigte Konsolidierung der Händlernetze fest. Die großen Handelsgruppen übernähmen immer mehr kleinere Konkurrenten. Bis 2030 rechnet er mit nur noch 3.850 selbstständigen Autohausunternehmen in Deutschland. 2020 waren es noch 6.800, zu Beginn des Jahrtausends sogar 18.000. „Die Händlernetze schrumpfen und werden ausgedünnt, insbesondere in der Fläche“, sagt er. Ein Verschwinden erwartet er aber nicht: „Ohne Händlernetz können die Hersteller nicht auskommen.“ Es funktioniere eben nicht alles online – „insbesondere im Servicebereich“. (dpa/cs)

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