Das Ende einer Ära: Die letzte RoLa in der Schweiz

Für Ludwig Näf und seine Mitarbeiter sind es derzeit traurige Tage. Näf ist CEO der RAlpin, die die Rollende Landstraße (Rola) zwischen Freiburg und Novara bei Mailand betreibt. Eigentlich sollte deren Betrieb erst Ende 2028 eingestellt werden. Doch weil Baustellen vor allem auf dem deutschen Schienennetz die Umläufe permanent durcheinanderbrachten, deshalb weniger Züge die Alpen überquerten und so die Verluste sich immer höher auftürmten, ist jetzt Schluss.
Bezeichnend: Termin für die letzte Fahrt gecancelt
Aber auch der Termin am Samstag für die letzte Fahrt der Rola konnte nicht eingehalten werden. Schuld sind aber keine Baustellen, Schuld ist ein Streik in Italien. Deshalb verlässt heute um 15:38 die letzte Rola Novara und erreicht Freiburg um 23:48 – so sieht es zumindest der Fahrplan vor.
„Es ist ein spezieller Moment“, formuliert Näf den Abschied womöglich ein wenig neutral, um keine Emotionen aufkommen zu lassen. Ursprünglich hatte er in Erwägung gezogen, den letzten Zug am Samstag ein kurzes Stück von Basel nach Freiburg zu begleiten. Doch der Streik in Italien wurde erst in dieser Woche verkündet, da muss er nun auf die Mitfahrt verzichten.
Die Nachfrage nach der Rola ist vorhanden
Er und seine Mitarbeiter hätten gerne weitergemacht. Und an der fehlenden Nachfrage hat es nicht gelegen, sagt Näf. Dabei sprechen die nüchternen Zahlen auf dem ersten Blick eine andere Sprache. 2023 hat RAlpin 80.183 Lkw mit der Rola über die Alpen befördert. 2024 waren es dann noch 72.189 und in diesem Jahr werden es rund 53.500 sein. Doch dieser Abwärtstrend hatte weniger mit der Nachfrage zu tun, sondern vor allem mit der Zahl der Züge. Aufgrund der Verspätungen mussten immer wieder Abfahrten gestrichen werden. Weniger Abfahrten bedeuten weniger Lkw. 2023 fuhren 4.158 Züge zwischen Freiburg und Novara. Ein Jahr später waren es 3.748. „Dieses Jahr kommen wir gerade so auf 2.900 Züge“, sagt Näf. Für ihn gibt es keine Zweifel: „Wenn wir diese Baustellen nicht gehabt hätten, dann wären wir weiterhin erfolgreich gewesen."
Noch Ende Oktober, als das Aus längst besiegelt war, habe die Auslastung über 80 Prozent betragen. Allerdings hat dafür auch der Schweizer Staat gesorgt. Pro Lkw hat er durchschnittlich 300 Schweizer Franken (320 Euro) dazugegeben. Ein Nutzer der Rola musste pro Fahrt für die 420 Kilometer lange Strecke im Durchschnitt 650 Euro zahlen. Zuletzt waren angesichts der sinkenden Lkw-Zahlen etwas höhere Ausgleichsbeträge durch den Staat erforderlich, damit nicht RAlpin mit den Eigentümern Hupac, BLS und SBB die Verluste allein tragen.
Kunden sind enttäuscht
„Wir haben zahlreiche Kunden, die die Rola mehrmals die Woche benutzen“, sagt Näf. Die seien jetzt sehr enttäuscht über das Ende. Für sie sei das Angebot attraktiv und genau richtig gewesen, weil die Fahrer nach der fast zehnstündigen Pause sofort weiterfahren konnten. „Unter unseren Kunden sind auch größere Speditionen, die den unbegleiteten KV nutzen“, so der CEO.
In den 60er Jahren war die Rola der Wegbereiter für den Kombinierten Verkehr. Damals begannen verschiedene Spediteure damit, ihre Lkw auf speziell konzipierte Tragwagen zu fahren und dann mit dem Zug über die Alpen zu befördern. Nach Gründung der Hupac hat diese jahrelang die Rola angeboten. Am 11. Juni 2001 fuhr dann die erste Rola zwischen Freiburg und Novara, betrieben von der wenige Monate zuvor gegründeten RAlpin.
Nur ein Teil der Nutzer wechselt zum unbegleiteten KV
Aber auch der Schweizer Staat bedauert die Einstellung, weil damit die Abwanderung weiterer Lkw auf die Straße droht. „Wir haben auch Kleinkunden, die nur zwei- oder dreimal im Monat die Rola nutzen. Für die kommt der unbegleitete KV eher nicht in Frage“, sagt Näf. Aber es gäbe auch Kunden, die regelmäßige Nutzer sind. Die größte Hürde sei allerdings, dass viele Transporteure keine kranfähigen Trailer besitzen – und darunter auch viele größere Logistiker. „Kurzfristig werden wahrscheinlich 70 bis 80 Prozent der Rola-Nutzer eher auf die Straße gehen“, so seine Einschätzung. Mittelfristig hingegen geht er davon aus, dass 40 bis 50 Prozent sich für die Schiene entscheiden werden.
Dann wird es die RAlpin nicht mehr geben. Naef möchte zum Schluss noch eine Botschaft loswerden: Dass er stolz auf die sehr treue Kundschaft ist, aber auch auf die Mitarbeitenden bei der Rola, sowohl die Angestellten bei RAlpin wie auch die bei den Dienstleistern. Die seien bis zum Ende dran geblieben und Teil einer eingeschworenen Rola-Familie gewesen.



