Die Supply Chain Top 25 – und die fünf Besten der Besten

Das Motto beim diesjährigen Deutschen Logistik-Kongress lautet „Supply Chains matter!“. Doch welche internationalen Konzerne gelten eigentlich aktuell als die Supply-Chain-Besten? Und wer sind die wahren Meister der Lieferketten der vergangenen Jahre?

Die US-amerikanischen Marktforscher von Gartner ermitteln jedes Jahr die Global Supply Chain Top 25. Ganz oben steht in diesem Jahr Cisco Systems. Das Unternehmen belegt den Spitzenplatz bereits zum dritten Mal in Folge. Der Netzwerkausrüster mit Sitz im kalifornischen San Jose kann sich stets an Veränderungen im Umfeld anpassen, wie Mike Griswold, Vice President Team Manager bei Gartner Supply Chain Practice, hervorhebt. ESG sei bei dem Hightech-Konzern zudem weiterhin ein großer Schwerpunkt, „wobei zirkuläre Konzepte in das Design, den Betrieb und den Verbrauch der Produkte und der Lieferkette einfließen“, fügt er hinzu.

ESG steht für Umwelt (Environment), soziale Aspekte wie faire Löhne und Arbeitsbedingungen (Social) sowie gute Unternehmensführung (Governance). Laut Gartner erreichten 19 Unternehmen in diesem Jahr die höchstmögliche Punktzahl in dem Bereich ESG. Dies unterstreiche die wachsende Bedeutung solcher Aspekte bei Supply-Chain-Führungskräften, sagt Griswold. Entsprechend fließt Nachhaltigkeit inzwischen auch mit einem größeren Gewicht in die Bewertung ein (siehe Methodik unten). 

Die aktuell von Gartner identifizierten Konzerne stehen letztlich für hervorragendes Supply Chain Management in Zeiten vieler Risiken und Störungen entlang der globalen Lieferketten. Hinter Cisco folgen bei diesem Leistungsvergleich der französische Industriekonzern Schneider Electric, der Konsumgüterkonzern Colgate-Palmolive (USA), der Pharma- und Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson (USA) sowie der Getränkegigant Pepsico, der für den Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé in die Top 5 aufgestiegen ist (siehe Liste unten).

Auch BMW und Siemens sind dabei

Von den deutschen Konzernen hat es BMW erneut in das Ranking geschafft. Der Autohersteller verbesserte sich um einen Rang auf Platz 19. Zwei Ränge dahinter und neu in der Top-Liste ist Siemens. Der deutsche Mischkonzern gehört ebenso wie der Softwareriese Microsoft (USA) und das britisch-schwedische Pharmaunternehmen Astrazeneca zu den Neulingen. Microsoft schafft es sogar direkt in die Top 10.

Ein weiterer großer Gewinner ist in diesem Jahr erneut der Biontech-Partner Pfizer. Der US-amerikanische Pharmakonzern springt auf Rang 6, nachdem er im Vorjahr als Neueinsteiger den 21. Platz belegt hatte. Auch Lenovo macht einen Sprung nach oben: Der chinesische Computer- und Smartphone-Hersteller klettert auf Platz 9, nach Rang 16 im Vorjahr. Der US-amerikanische Getränkehersteller Coca-Cola rückt wieder deutlich näher an die Top 10 heran, nachdem der Konzern im Vorjahr von Platz 13 auf 18 abgerutscht war.

Starbucks fällt raus – Alibaba zurück

Zu den Absteigern in diesem Jahr zählen außer Nestlé vor allem Walmart, Dell, Inditex, Abbvie, British American Tobacco und Alibaba. Diese Konzerne habe alle mindestens drei Plätze verloren. Aus den Top 25 herausgefallen sind Starbucks, das Pharmaunternehmen Bristol-Meyers Squibb und der Mischkonzern 3M. Die US-Kaffeehauskette Starbucks war bereits im Vorjahr um 10 Ränge auf Platz 19 abgerutscht und dürfte damit aktuell wohl der größte Verlierer sein.

Ähnlich könnte es im nächsten Jahr dem chinesischen Onlineriesen Alibaba ergehen, der nach den Plätzen 7 und 10 nun nur noch Schlusslicht in der Top-25-Liste ist.

Die fünf Besten der Besten

Seit 2015 hat Gartner die Kategorie „Masters“ (Meister) eingeführt. Um als „Master“ eingestuft zu werden, müssen Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren mindestens siebenmal eine Top-5-Punktzahl erzielt haben. Alle Meister von 2021 – Amazon, Apple, P&G, McDonald’s und Unilever – haben sich in diesem Jahr erneut für diese separate Kategorie qualifiziert. Alle Meister des Supply Chain Managements seien Paradebeispiele dafür, wie man Agilität und Reaktionsfähigkeit in großem Maßstab über längere Zeiträume hinweg erreichen kann, sagt Griswold und fügt hinzu: „Andere Chief Supply Chain Officers (CSCOs) können sich an ihnen und den anderen Unternehmen in der Rangliste orientieren und von deren Best Practices lernen.“

Die Lieferkette, die früher als „ruhige Hand am Steuer, unter Deck und außer Sichtweite“ bekannt war, steht laut Gartner heute im Mittelpunkt und trägt dazu bei, das gesamte Unternehmen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten, steigenden Kundenanforderungen und einem ständig gestörten Umfeld zu lenken. Alle 30 Top-Unternehmen des Lieferkettenmanagements stehen den Experten zufolge für vier große Trends:

1. Der CSCO als Verantwortlicher für Ökosysteme

In den vergangenen Jahren haben sich die CSCOs zu treibenden Kräften für neue Geschäftsmodelle, Nachhaltigkeitsbemühungen und Innovationen entwickelt. Um ihrer neuen Verantwortung gerecht zu werden, blicken die Verantwortlichen für die Lieferkette über ihr eigenes Unternehmen hinaus und bemühen sich darum, Ökosysteme zu schaffen, die auf Zusammenarbeit basieren und in der Lage sind, Herausforderungen größeren Ausmaßes zu bewältigen.

2. Selbststabilisierende Lieferketten

Um angesichts der anhaltenden Störungen flexibler zu werden, haben die Top-Firmen ihre Entscheidungsprozesse und ihre Finanzierung umgestellt. Einige haben zeitlich befristete Transformationsteams eingesetzt, um kurzfristige Herausforderungen im Unternehmen zu bewältigen, wobei sie wissen, dass sie zu ihrer täglichen Arbeit zurückkehren werden, sobald sich das Umfeld stabilisiert hat.

Diese Fähigkeit, schnell zu reagieren, wird durch anpassungsfähige Finanzierungstechniken auf der Grundlage von Risikokapitalmodellen gefördert. Diese Modelle ermöglichen es laut Gartner, die Budgets für Umstrukturierungen auf der Grundlage erfolgreicher Pilotprojekte, die einen größeren Umfang rechtfertigen, zu erhöhen oder sie zu verringern, wenn sich die Experimente nicht bewähren oder die Ressourcen an anderer Stelle gebraucht werden.

3. Fortschritte bei der breiter angelegten Nachhaltigkeitsagenda

Konzerne, die beim Management von Lieferketten führend sind, haben ambitionierte Netto-Null-Ziele angekündigt, die eine Reduzierung der Scope-3-Emissionen einschließen. Damit gemeint sind auch die vor- und nachgelagerten Emissionen, die durch Lieferanten und Kunden in der Wertschöpfungskette entstehen. „Unternehmen wie Walmart, Microsoft und Unilever haben formelle Programme eingeführt, um den Status von Projekten zur Emissionssenkung bei Zulieferern zu verfolgen und die daraus resultierenden Reduzierungen im Laufe der Zeit zu quantifizieren“, sagt Griswold.

In der Hightech-Industrie werden laut Gartner Modelle der Kreislaufwirtschaft immer beliebter. Unternehmen wie Cisco, Lenovo und HP stellten ihre Geschäftsmodelle um, und zwar weg vom regelmäßigen Verkauf einzelner Geräte hin zu dienstleistungsbasierten Modellen, die die verantwortungsvolle Sammlung, das Recycling und die Entsorgung von Altprodukten beinhalten.

4. Menschenzentrierte digitale Automatisierung

Supply-Chain-Führungskräfte haben Gartner zufolge die Aufgabe, langfristige Investitionen in die Automatisierung mit sofortigen Investitionen in Technologien auszugleichen, die es Mitarbeitern ermöglichen, ihre Zeit und Aufmerksamkeit auf Bereiche zu verwenden, in denen Menschen bessere Leistungen erbringen als Maschinen. Dazu zählen die Experten zum Beispiel den Aufbau von Beziehungen und die Reaktion auf neue Bedingungen im Geschäftsbetrieb. Es gebe auch Fälle, in denen Menschen besser mit Maschinen zusammenarbeiten, merken die Experten an. So könnten zum Beispiel Lager- oder Fabrikarbeiter ihre Produktivität durch die Arbeit mit Cobots steigern.

Griswold: „Um ihre Mitarbeiter auf die Zukunft vorzubereiten, setzen Führungskräfte auf Programme, die digitale Kompetenz und Geschicklichkeit trainieren. Diese Bildungs- und Anwendungsprogramme versetzen die Mitarbeiter in die Lage, datengestützte Analysen für eine fundiertere Entscheidungsfindung in ihren Aufgabenbereichen zu nutzen.“ (cs)

Dieser Artikel ist erstmals am 27. Mai 2022 auf DVZ.de erschienen. Wir wiederholen den Beitrag anlässlich des Deutschen Logistik-Kongresses in Berlin.

Global Supply Chain Top 25

Rang 2022 (2021) Unternehmen Gesamtpunktzahl
1. (1.) Cisco Systems 6,71
2. (4.) Schneider Electric 6,03
3. (2.) Colgate-Palmolive 5,76
4. (3.) Johnson & Johnson 5,62
5. (7.) PepsiCo 5,03
6. (21.) Pfizer 4,86
7. (6.) Intel 4,72
8. (5.) Nestlé 4,70
9. (16.) Lenovo 4,60
10. (neu) Microsoft 4,58
11. (9.) L'Oréal 4,45
12. (18.) The Coca-Cola Company 4,36
13. (12.) Nike 4,31
14. (8.) Walmart 4,12
15. (15.) HP Inc. 3,99
16. (17.) Diageo 3,95
17. (14.) Dell Technologies 3,94
18. (13.) Inditex 3,93
19. (20.) BMW 3,76
20. (11.) Abbvie 3,66
21. (neu) Siemens 3,42
22. (neu) AstraZeneca 3,40
23. (23.) General Mills 3,31
24. (19.) British American Tobacco 3,23
25. (10.) Alibaba 3,15
(Quelle: Gartner)

Zur Methodik

Für den Supply-Chain-Leistungsvergleich identifiziert Gartner in der Regel etwa 300 Unternehmen. Basis sind die „Fortune Global 500“ und die „Forbes Global 2000“. Sie müssen einen Jahresumsatz von mindestens 12 Milliarden US-Dollar haben. Zudem fallen Unternehmen raus, die keine Lieferketten für physische Produkte haben oder deren Lieferketten einzigartige Merkmale aufweisen, welche die betrachteten finanziellen Kennzahlen verzerren. Ab 2022 werden die Aufnahmekriterien allerdings um ein neues Segment erweitert, und zwar um anlagenintensive Serviceunternehmen. Gemeint sind Firmen, die ihre Angebote als Dienstleistung verkaufen, aber auch eine beträchtliche Infrastruktur managen, die eine kontinuierliche Planung, Beschaffung und Logistik durch ein Supply-Chain-Team erfordert. Diese Unternehmen müssen aber auch über physische Bestände von mehr als 1 Milliarde Dollar verfügen, was ein Indikator für eine physische Lieferkette ist.

Das Ranking basiert auf zwei Komponenten: einer quantitativen Messung der Unternehmensleistung und einer qualitativen Darstellung der Analystenmeinungen von Gartner und anderen Experten. Letztere sind in der Regel zwischen 150 und 200 Supply-Chain-Fachleute, die als Kunden und/oder Lieferanten mit den Unternehmen interagieren und direkte Erfahrungen mit ihnen haben.

Diese Informationen werden auf eine 10-Punkte-Skala normiert und dann gewichtet aggregiert:

  • Befragung von Supply-Chain-Experten und Gartner-Analysten (jeweils 25 Prozent),

  • ROPA – Rendite auf physische Vermögenswerte (15 Prozent, im Vorjahr noch 20 Prozent),

  • Lagerumschlag (5 Prozent),

  • Umsatzwachstum (10 Prozent),

  • ESG/Nachhaltigkeit (20 Prozent, im Vorjahr noch 15 Prozent).

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