„Im Hafen Odessa kehrt das Leben zurück“

Die stellvertretende Infrastrukturministerin der Ukraine, Oleksandra Azakhina, spricht über notwendige Reformen und Bahntransporte.

Oleksandra Azarkhina ist stellvertretende Ministerin für Kommunen, Regionen und Infrastrukturentwicklung in der Ukraine. (Foto: Imago/Volodymyr Tarasov/Avalon)

DVZ: In welchem Zustand befindet sich die ukrainische Verkehrsinfrastruktur?

Oleksandra Azarkhina: Die Transportinfrastruktur der Ukraine ist sehr stark beschädigt. Die größte Brücke wurde von den Russen zerstört. Andere haben wir selbst zerstört, als sich unsere Truppen zurückgezogen haben. Im Vergleich zu anderen Infrastrukturen ist die Transportinfrastruktur bei der Instandsetzung am teuersten. Schon 2022 hatten wir begonnen, die wichtigsten Brücken – ungefähr 40 von 360 – zu reparieren. Sie sind wichtig für Transporte von Hilfsgütern und für die Exportlogistik.

Wie sieht es mit der Schieneninfrastruktur aus?

Wir versuchen, die Bahngleise fortlaufend instand zu setzen. Von den Seehäfen am Schwarzen Meer haben wir einen neuen Transportkorridor aufgebaut. Die Russen wissen, wie wichtig er ist, und greifen ihn quasi täglich an. Die gute Nachricht ist: Sie treffen nicht besonders präzise. Dank mutiger Geschäftsleute halten wir den täglichen Export aufrecht. Das ist superwichtig. Wenn Sie den Hafen Odessa im Sommer 2022 und mit heute vergleichen, sehen Sie, dass das Leben zurückkehrt.

Die Ukraine möchte ein Mitglied der EU werden. Wie kann das ukrainische Transportsystem in das europäische integriert werden?

Wir arbeiten daran. Im Rahmen des Beitrittsprozesses haben wir viele Verpflichtungen, um Transportverbindungen zu schaffen. Wir planen viele Reformen. Die Anbindung hat für uns eine hohe Priorität, und wir hoffen, dass sie uns auf dem Weg zu einem echten und freien Handel hilft.

Vor dem Krieg exportierte die Ukraine ihre Waren vor allem über das Schwarze Meer. Wäre es sinnvoll, die Bahn stärker zu entwickeln?

Die Seehäfen werden für den Export am wichtigsten bleiben. Aber auch die Bahn müssen wir ausbauen. Wir haben weniger Probleme mit der Infrastruktur als mit den Prozeduren an der Grenze. Ein Grund für die langen Warteschlangen ist unter anderem, dass die Kontrolleure nur von 9 bis 17 Uhr arbeiten.

Ist es für die Ukraine eine Option, das Schienennetz von Breitspur auf die europäische Schmalspur umzurüsten?

Das ist für das gesamte Netz eine große Herausforderung. Es umfasst rund 22.000 Kilometer. Aber für die wichtigsten Hubs ist das durchaus denkbar. Wir erhalten finanzielle Hilfe von den USA. Kollegen von mir sind gerade in Spanien, um sich die Technologie dort anzuschauen. Spanien fährt auch Breitspur. Es gibt dort Umspuranlagen, um von Breit- auf Schmalspur in Frankreich zu wechseln.

Welche Rolle werden Transport und Logistik bei der Wiederaufbaukonferenz Ukraine im Juni in Berlin spielen?

Das ist für uns ein großes Thema. Wir sprechen auch über den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Unsere Analysen zeigen, dass unser BIP um 8 Prozent wachsen kann, wenn wir weiter so viel exportieren wie jetzt. Unsere Steuereinnahmen sind ebenfalls gut, wie die Zahlen im Dezember und Januar zeigen. Wir nehmen mehr Steuern ein, weil wir viel exportieren. Das ist für uns eine Top-Priorität.

Die Infrastruktur-Planerin

Oleksandra Azarkhina ist stellvertretende Ministerin für Kommunen, Regionen und Infrastrukturentwicklung in der Ukraine. Eine ihrer Aufgaben ist die allgemeine strategische Planung für Infrastrukturen. Darüber hinaus ist sie verantwortlich für die Logistik – im Besonderen für den Aufbau eines mulitmodalen Verkehrssystems. Bevor sie 2022 zur stellvertretenden Infrastrukturministerin ernannt wurde, war Azarkhina externe Beraterin des ukrainischen Infrastrukturministers. Außerdem arbeitete sie als Kommunikationsmanagerin des Reformunterstützungsteams des ukrainischen Ministeriums für Ökologie und natürliche Ressourcen sowie als Leiterin des Reformunterstützungsteams der staatlichen Straßenagentur des Landes.

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