Transportunternehmer Mazur nach Streit mit Fahrer festgenommen

Der Chef der polnischen Unternehmensgruppe Mazur hat an einem Rastplatz bei Günzburg in Bayern gegen einen Fahrer Pfefferspray eingesetzt. Nach Angaben der europaweit tätigen Road Transport Due Diligence Foundation war der Usbeke mit seinem Lkw zu einem Standort von Aldi Süd unterwegs.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Unternehmensgruppe Mazur ihre Fahrer monatelang nicht bezahlt. Am Samstag ist ein neuer Fall in Bayern eskaliert. (Foto: Loew)

Die Polizei Günzburg hat laut Medienberichten am Samstag den polnischen Transportunternehmer Łukasz Mazur vorübergehend festgenommen. Mazur ist Chef der gleichnamigen polnischen Unternehmensgruppe, deren Lkw-Fahrer im vergangenen Jahr zweimal über mehrere Wochen an der hessischen Raststätte Gräfenhausen gestreikt hatten. Der Unternehmer sei zuvor in einen seiner Lkw eingebrochen und habe den darin schlafenden Fahrer, einen 31-jährigen Usbeken, mit Pfefferspray attackiert. Das berichten sowohl der Bayerische Rundfunk als auch die „Frankfurter Rundschau“.

Edwin Atema, Manager der europaweit agierenden Road Transport Due Diligence Foundation (RTDD), der die protestierenden Fahrer von Gräfenhausen in ihrer Auseinandersetzung mit der Unternehmensgruppe Mazur vertreten hatte, bestätigte den Vorfall gegenüber der DVZ. Die Polizei habe auch den usbekischen Fahrer zunächst in Gewahrsam genommen, weil dieser sich in Todesangst mit einem Messer selbst verteidigt hatte; er sei anschließend ohne Auflagen freigelassen worden. Mazur habe nach Darstellung der „Frankfurter Rundschau“ hingegen einen vierstelligen Eurobetrag als Sicherheitsleistung hinterlegen müssen.

Fahrer wurde monatelang nicht bezahlt

Zu der Situation am Rastplatz Burgauer See im Landkreis Günzburg in Bayerisch-Schwaben sei es gekommen, weil der 31-Jährige wie schon die Fahrer von Gräfenhausen über Monate keine Zahlungen erhalten hatte. „Seit damals hat sich nichts geändert am Vorgehen des Unternehmens“, erklärt Atema. Der Fahrer habe sich in der vergangenen Woche an ihn gewandt, so der Gewerkschafter weiter, weil ihm die Transportfirma inzwischen rund 10.000 Euro schulde; er könne so nicht mehr weiterarbeiten.

Der Usbeke habe sich deshalb dazu entschlossen, seine Tour zu unterbrechen, und Mazur zur Zahlung aufgefordert; das habe der Firmenchef jedoch abgelehnt. „Anschließend hat sich der Fahrer an Aldi Süd gewandt, weil er Fracht für einen Aldi-Standort geladen hatte“, berichtet Atema weiter. Am darauffolgenden Morgen sei er dann im Schlaf davon überrascht worden, dass Mazur in das abgeschlossene und mit Spanngurten zusätzlich von innen gesicherte Fahrzeug eingedrungen sei und ihn sofort mehrfach mit dem Reizgas besprüht habe.

Der niederländische Gewerkschafter erzählt weiter, dass ihn der Fahrer noch in diesem Moment direkt angerufen habe und er so über Telefon Zeuge des Vorfalls geworden sei. Er habe den 31-Jährigen dann dazu aufgefordert, die Kamera des Mobiltelefons zu aktivieren und das Bild an ihn zu übertragen, um die Geschehnisse zu dokumentieren; er habe das Kamerabild aufgezeichnet und anschließend über seinen Account auf der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) veröffentlicht.

Im Gespräch mit der DVZ berichtet Atema, dass er die Todesangst des Fahrers verstehen könne – aufgrund der Worte, die er mithören konnte. Mazur sei in Begleitung eines Ersatzfahrers die mehr als 1.000 Kilometer weite Strecke aus Polen angereist, um den Usbeken aus der Fahrerkabine zu vertreiben und den Lkw mit einem Ersatzschlüssel wieder in Besitz zu nehmen. Der Fahrer müsse immer noch medizinisch behandelt werden, weil er durch das Pfefferspray eine schwere Augenverletzung erlitt; der Augenarzt habe ihm berichtet, es handele sich um die größte Schädigung der Hornhaut durch Reizgase, die er bisher versorgen musste.

RTDD will Menschenrechtsverletzungen verhindern

Mit der RTDD hat sich Atema zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern zu verbessern und solche Menschenrechtsverletzungen in Zukunft zu verhindern. „Mazur ist kein Einzelfall, unsere Mitarbeiter erfahren regelmäßig von ähnlichen Situationen, in denen Fahrer monatelang kein Geld für ihre Arbeit bekommen“, betont er. Solche Transportfirmen seien noch in vielen Lieferketten zu finden, auch von Unternehmen, deren Ladungen bei beiden Streiks von Gräfenhausen gefunden wurden und die anschließend beteuert hatten, die Zusammenarbeit mit Mazur zu beenden. Aus seiner Sicht täten die Auftraggeber dafür nicht genug.

Aldi Süd hatte Transporte mit Mazur-Gruppe bereits untersagt

Zu den Akteuren, die Transporte mit dem polnischen Unternehmen vermeiden wollen, zählt Aldi Süd. Wie die „Lebensmittel Zeitung“ in der vergangenen Woche berichtete, hatte der Discounter seine Lieferanten vertraglich dazu verpflichtet, den Transporteur nicht einzusetzen. Dennoch war der angegriffene Mazur-Fahrer laut seiner Frachtpapiere zu einem Standort von Aldi Süd unterwegs, berichtet Atema. Er habe als Vertreter des Usbeken nun Kontakt zu dem Handelskonzern aufgenommen.

Der Discounter bestätigte der DVZ, er stehe mit allen Betroffenen in engem Austausch. „Aldi Süd hatte zu keinem Zeitpunkt direkte Vertragsbeziehungen zu Unternehmen der Mazur-Gruppe und hat seinen Lieferanten bereits die Zusammenarbeit mit den Unternehmen Luk Maz und Agmaz untersagt“, heißt es in der Antwort der Handelskette weiter.

Aldi Süd prüfe die aktuellen Vorwürfe mit Hochdruck und werde mit sofortiger Wirkung Transportaufträge aller Unternehmen der Mazur-Gruppe für seine Waren verbieten, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Das Unternehmen prüfe rechtliche Schritte sowohl gegen das Unternehmen als auch gegen agierende Einzelpersonen. Der Discounter stellt zudem fest, „dass die Einhaltung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten bei Aldi Süd unabdingbar ist.“

Kritik aus Polen

Auch in Polen besteht Unverständnis über die Schilderungen der Ereignisse von Samstag. „Ich kenne nicht alle Umstände dieses speziellen Vorfalls und fühle mich daher nicht qualifiziert, dazu Stellung zu nehmen“, sagt Jan Buczeck, Präsident der Vereinigung internationaler Straßentransporteure (ZMPD) auf Anfrage der DVZ und fügt hinzu: „Sollte jedoch Gewalt angewendet worden sein, so ist dies absolut verwerflich und kann unter keinen Umständen toleriert werden.“

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