Deutsche Reeder: Trotz goldener Zeiten mit verhaltener Stimmung

Zwar beschert der Boom den Schifffahrtsunternehmen wirtschaftlich glänzende Zeiten, doch ein Großteil der Reedereien sieht sich großen strukturellen Herausforderungen gegenüber, so die Erkenntnisse der neuen PwC-Reederstudie.

Die Stimmung unter den deutschen Reedern ist glänzend und dennoch nicht unbeschwert. Das ist das Ergebnis der aktuellen Reederstudie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhousecoopers (PwC), die 103 deutsche Reedereien befragte.

So teilen 90 Prozent der befragten Unternehmen die Einschätzung, dass die Schifffahrt derzeit boomt. In neun von zehn deutschen Reedereien sind alle Schiffe ausgelastet.

Eine große Mehrheit der deutschen Reeder schätzt auch die weiteren Entwicklungen optimistisch ein, auch wenn es noch immer zu Corona-bedingten Prozessbeeinträchtigungen kommt. 83 Prozent der Reedereien erwarten steigende oder zumindest stabile Charterraten, bei den Frachtraten sind es gar 87 Prozent.

Containerschifffahrt überstrahlt alle und alles

Laut André Wortmann, Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC, ist die Containerschifffahrt der Treiber des Aufschwungs. Das Schifffahrtssegment überstrahle andere Bereiche, in denen sich die Marktbedingungen nicht so stark entwickelt hätten, so Wortmann.

Die rasant steigende Auslastung hat auch massive Auswirkungen auf die Preisentwicklung in der Containerschifffahrt. Außerordentlich starker Konsum in den USA und Europa, Nachholbedarf bei den Industrie-Einkäufern und Konjunkturprogramme sowie wochen- beziehungsweise monatelange Handelsstaus und Beeinträchtigungen der Lieferketten sorgten für eine extreme Nachfrage bei den Containerreedereien.

Laut Reederstudie glaubt mit 68 Prozent der befragten Unternehmen ein Großteil der Reeder an den Fortbestand des Wachstums; 75 Prozent glauben zudem an ein steigendes Ladungsaufkommen.

Schiffsbestellungen ziehen an

Die steigenden Charter- und Frachterlöse haben den deutschen Reedereien mehr Spielraum verschafft für Investitionen in ihre Flotte. „Der Anteil der Unternehmen, die die Bestellung von neuen, modernen Schiffen planen, ist gegenüber 2019 aktuell um 11 Prozentpunkte gestiegen“, so Burkhard Sommer, stellvertretender Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums.

Im Laufe der vergangenen zwölf Monate haben 22 Prozent der Unternehmen in neue Schiffe investiert. Jede zweite Reederei (47 Prozent) plant derzeit die Bestellung neuer Schiffe.

Trotz der allgemein hervorragenden Lage sehen 80 Prozent der Befragten in der Branche tiefsitzende strukturelle Probleme. Wesentliche Themen sind der Zugang zu Kapital sowie Umweltauflagen und Klimaziele.

Mehr als zehn Jahre haben sich viele Banken und andere Kapitalgeber sukzessive aus der Schifffahrt zurückgezogen. Aktuell beklagen 56 Prozent der Reedereien (2020: 82 Prozent), dass sich die Banken mehr und mehr von den Reedereien abwenden würden.

In einzelnen Fällen wird aber wieder über ein Interesse von Banken und anderen Kapitalgebern an Schiffsfinanzierungen berichtet, die zuvor – zumindest vorübergehend – nicht im Schifffahrtssektor aktiv waren.

47 Prozent der Befragten geben an, dass man im Unternehmen konkrete Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen plant, 33 Prozent geben an, dass bereits konkrete Maßnahmen umgesetzt werden – große Unternehmen (58 Prozent) deutlich häufiger als kleinere.

Rätselraten beim Thema Treibstoff

Auf die Frage nach den zwei bis drei dominierenden Treibstoffarten in 20 Jahren zeigt sich, dass die Branche noch unentschieden ist. Für die Langstrecke werden zuerst Flüssigerdgas LNG (58 Prozent), Schiffsdiesel (45 Prozent), Methanol (41 Prozent) und Wasserstoff (38 Prozent) genannt.

Für die Kurzstrecke nennen die Befragten Strom (43 Prozent), Wasserstoff (41 Prozent), LNG (40 Prozent) und Methanol (33 Prozent). Angesichts der enormen technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen jeder einzelnen Treibstoffart offenbart sich das Entscheidungsdilemma der Branche – mit erheblichen Risiken und Chancen.

Auf die Frage, ob Wasserstoff in den kommenden 20 Jahren in den internationalen Langstreckenverkehren zur See der vorherrschende Treibstoff sein wird, antworten 41 Prozent mit Ja und 55 Prozent mit Nein.

Auffällig ist, dass sich die Skeptiker vor allem in den größeren Reedereien befinden – bei der analogen Frage nach Ammoniak ist dies genau umgekehrt. Als Gründe für ihre Skepsis gegenüber Wasserstoff nennen die Befragten insbesondere folgende Aspekte: Produktionskapazitäten, Infrastruktur, Betankung, Finanzierung des Aufbaus und technische Risiken.

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