Der Hafenarbeiterstreik wirkt nach

Nach dem längsten Streik seit Jahrzehnten in den norddeutschen Häfen haben die Hafenarbeiter ihre Arbeit wieder aufgenommen. Doch der Arbeitsstillstand hat Folgen: Es gibt Engpässe bei Stück- und Massengut und im Schienengüterverkehr können Zugverbindungen nicht eingehalten werden. Langfristig befürchten Marktakteure Schäden für die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen in der Deutschen Bucht.

Stahlumschlag im Neustädter Hafen, der größte Terminal für Stückgut in Europa (Foto: BLG Cargo Logistics)

Nach dem längsten Streik seit Jahrzehnten in den norddeutschen Häfen haben die Hafenarbeiter ihre Arbeit wieder aufgenommen. Bis zum 26. August sollen drei Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) stattfinden. Termine sollen in Kürze gefunden werden, erklärte der ZDS auf DVZ-Anfrage.

Der Arbeitsstillstand hat Nachwirkungen an den Standorten. Langfristig sei sogar die Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr, meinen Branchenvertreter.

Bei der HHLA war der Umschlagbetrieb aller Terminals in Hamburg und im Hinterland unterbrochen. „Angesichts der ohnehin angespannten Situation in den globalen Lieferketten führt jede weitere Störung zu Verzögerungen in der Abfertigung. Das gefährdet nicht nur die Versorgung von Verbrauchern und Unternehmen in Deutschland, sondern auch den Export von Waren und Gütern aus Deutschland“, so eine Sprecherin.

Notdienst in Brake

In Brake war bei der Firma J. Müller zwei Tage keine Abfertigung möglich. „Die fehlen uns jetzt“, sagt ein Unternehmenssprecher. Betroffen waren Stück- und Massengutladung. Lediglich für Getreide gab es eine Art Notdienst, weil damit auch die Tierfutterversorgung zusammenhängt. Bei der Weiterverteilung von Agrarprodukten ins Hinterland hat die Selbstbedienungsabfertigung für Lkw-Verladungen geholfen. In ­Emden musste das „Schiffsprogramm angepasst werden“, sagt Claas ­Mauritz Brons von der Emder Hafenförderungsgesellschaft. Brons erhofft sich jetzt „Planungssicherheit für die nächsten Wochen“.

„Wenn die Streiks länger anhalten, werden die Güter auf anderen Wegen umgeschlagen, beispielsweise über Rotterdam und Antwerpen“

Am Standort Nordenham gab es zwar keine Streiks, dennoch ­werden Beeinträchtigungen erwartet. „Wenn die Streiks länger anhalten, werden die Güter auf anderen Wegen umgeschlagen, beispielsweise über Rotterdam und Antwerpen“, sagt Sören Gayk, Projektmanager der Cargo-Abteilung am Seehafen. Auch die polnischen Häfen sowie die Mittelmeer-Häfen könnten profitieren, sagt ZDS-Geschäftsführer Lutz Könner. Konkrete Pläne, dass Marktak­teure ihre Routen verlegen wollen, seien indes noch nicht bekannt, erklärt Bengt van Beuningen, Vertreter der Vermarktungsgesellschaft Hafen Hamburg Marketing.

Rückstau auf der Schiene

Betroffen von der angespannten Lage ist auch der Schienengüterverkehr. Die Hamburg Port Authority hat die Einfahrt von Zügen auf die Hafenbahn eingeschränkt; TFG Transfracht meldet eine „erhebliche Rückstaubildung“ und den Ausfall von Zugleistungen. Aufgrund der eingeschränkten Wiederaufnahme des Terminalbetriebes sowie reduzierter personeller Kapazitäten werden einzelne Zugleistungen ausfallen.

Alexander Geisler, Geschäftsführer des Zentralverbandes Deutscher Schiffsmakler, erwartet Schaden für die Häfen in der Deutschen Bucht. „Anders als in den US-Häfen, die in der Krise mit mehr Mengen gewachsen sind, sind wir hier mit den bisherigen Mengen überfordert.“

"Wir haben seit vielen Jahren einen ungelösten Tarifkonflikt", so Geisler. "Aus meiner Sicht geht es hier lediglich um die Durchsetzung von Partikularinteressen und interne Konflikte in der Gewerkschaft. Dass Berufsgruppen wie Trucker und Lotsen enorme Verdienstausfälle haben, wird nicht beachtet". Mit Blick auf die letzte Investition der MSC-Tochter in Le Havre „muss man sich die Frage stellen, warum an diesem Standort keiner investiert“, so Geisler.

Eine Lösung der Problematik sieht Geisler nicht nur in den Seehäfen. Das Hinterland müsste stärker ausgelastet werden. "Während in den USA eine 24-Stunden-Struktur ermöglicht wird, sehen wir hier eine Überforderung mit den Mengen, sowie eine Verdopplung der Standzeiten.“

Mitarbeit: Jan Peter Naumann und Timon Heinrici

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