Logistikverbände kritisieren neue Einreiseverordnung scharf

Die Bundesregierung hat die Einreiseregeln verschärft. Für Rückreisende aus Ländern mit sehr hohen Infektionszahlen und aus Gebieten, in denen die neue Virusmutation stark um sich greift, gelten keine Ausnahmen bei Test- oder Meldepflichten mehr.

Die Bundesregierung hat am Mittwoch eine aktualisierte und verschärfte Corona-Einreiseverordnung für Rückkehrer aus Risikogebieten beschlossen. Darin hat sie zu der bisher geltenden Kategorie „Risikogebiet“ noch zwei weitere hinzugefügt: Sogenannte Hochinzidenz-Gebiete sind solche mit mindestens einer 7-Tages-Inzidenz von 200 Infizierten auf 100.000 Einwohner. Außerdem gibt es nun „Virusvarianten-Gebiete“. Dazu zählen jene Länder, in denen die neue Virusvariante vorkommt und von der anzunehmen ist, dass von dieser ein besonderes Risiko ausgeht, heißt es in der Begründung des ursprünglichen Entwurfs.

Die Verordnung ist bereits im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt am heutigen Donnerstag in Kraft. Die neuen Regeln gelten bis zum 31. März 2021.

Die Logistikbranche fürchtet erhebliche Einschränkungen für die Beschäftigten. Denn entgegen der bisherigen Regelung für Risikogebiete, bei der Personal im Transportsektor von Melde-, Test- und Nachweispflichten befreit ist, gelten für die beiden neuen Gebietskategorien keine Ausnahmen mehr. Sie bemängelt auch, dass sie in den Diskussionsprozess nicht einbezogen wurde. Federführend ist das Bundesgesundheitsministerium. Eine Ressortabstimmung hat es gegeben, die Frist für eine Stellungnahme war dem Vernehmen nach allerdings extrem kurz.

Verschärfte Regeln bei neuen Gebietskategorien

Gültig ist nun, dass bei Risikogebieten (nach herkömmlicher Definition) das Personal im Transportgewerbe „bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte“ von der Anmeldepflicht bei der Einreise befreit ist.

Anders sieht es bei den beiden neuen Gebietskategorien aus. Transportpersonal, das aus einem Hochinzidenzgebiet einreist, ist von der Test- und Nachweispflicht nur befreit, wenn der Aufenthalt in diesem Gebiet weniger als 72 Stunden gedauert hat und „angemessene Schutz- und Hygienekonzepte“ eingehalten wurden.

Das Transportpersonal, das aus einem Virusvarianten-Gebiet einreist, genießt keinerlei Ausnahmeregelungen und unterliegt somit vollständig der Test- und Nachweispflicht.

„Eine mögliche Zunahme von Virusvarianten-Gebieten stellt die Touren- und Personaldispositionen international tätiger Speditionshäuser jetzt vor noch größere Herausforderungen“, sagt Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV Bundesverband Spedition und Logistik. „Die Einbeziehung des Güterverkehrssektors in den Geltungsbereich der Corona-Einreiseverordnung kann den Warenfluss zwischen den Ländern erheblich behindern.“ Deutschlands Nachbarländer müssten ausreichende Testkapazitäten garantieren.

Binnenschiffer besonders betroffen

„Insbesondere das Personal in der Binnenschifffahrt stellt das vor massive Probleme“, sagt Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB). So zählten zum Beispiel Österreich, Frankreich, Schweiz und die Niederlande – eines der Hauptfahrgebiete der Binnenschifffahrt – aktuell mit 7-Tage-Inzidenzwerten von deutlich über 200 Neuinfektionen zu den sogenannten Hochinzidenzgebieten.

Folge sei, dass die gesamte Bordmannschaft bereits bei der Einreise nach Deutschland ein negatives Corona-Testergebnis (PCR o.ä.) vorliegen haben muss. Bei einem bereits jetzt überlasteten Gesundheitssystem mit tagelangen Wartezeiten bleibe die Bundesregierung die Antwort auf die Frage schuldig, wie die geforderten Test- und Nachweispflichten kurzfristig erfüllt werden sollen, noch dazu bei Fahrten in ausländischen Gewässern, die lediglich für den Güterumschlag unterbrochen werden, so der BDB.

Das Deutsche Verkehrsforum fordert auch Ausnahmen für die Mobilitäts- und Logistikbranche. „Die Lebensadern müssen offengehalten werden, damit die Versorgung unserer Volkswirtschaft als Ganzes und jedes einzelnen Bürgers sichergestellt ist“, kommentiert  DVF-Geschäftsführer Florian Eck die neue Verordnung. Dazu müsse das europaweite Green-Lane-Konzept fortgeführt werden.

Mit der jetzt vorgelegten Corona-Einreiseverordnung würden die Bemühungen der Bundesländer, einheitliche Regelungen und praktikable Ausnahmen für Verkehr und Logistik zu schaffen, über den Haufen geworfen. Außerdem fehle es immer noch an Schnelltests sowie Test- und Laborkapazitäten. „Die Auswirkungen einer solchen faktischen Grenzschließung lassen sich in Großbritannien betrachten, gestörte Lieferketten sind damit absehbar“, so Eck.

Der Bund müsse nachbessern und für die Branche praktikable und bundesweit einheitliche Ausnahmeregelungen von der Testpflicht und den Quarantänevorgaben vorsehen. „Die Devise muss lauten: Freie Fahrt, soweit ein Hygienekonzept existiert und beim Personal keine Symptome vorliegen“, ist Eck überzeugt. Die Entscheidung über die Zulassung von Ausnahmen dürfe nicht bei den überlasteten Gesundheitsämtern vor Ort abgeladen werden. Hier zeige sich einmal mehr, dass europaweite Hygienelabel und Testregime fehlten.

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