EP-Plenum schickt Klimaschutzgesetze in den Ausschuss zurück

Im Europäischen Parlament gibt es noch keine Mehrheit für wichtige Klimaschutzgesetzesvorschläge, etwa zum Emissionshandel im See- und Straßenverkehr. Das Parlamentsplenum schickt die Texte wieder in den zuständigen Ausschuss zurück. Es hakte vor allem an zwei Punkten.

Die Europaabgeordneten stimmten bei ihrer Plenartagung in Straßburg über 1.265 Änderungsanträge zu den Klimaschutzgesetzesvorschlägen ab.
(Foto: Christian CREUTZ/EP)

Es wird länger dauern als erwartet, bis die geplanten EU-Gesetze zum Emissionshandel und andere Klimaschutzvorschriften beschlossen sind. Am Mittwoch schickte das Plenum des Europäischen Parlaments etliche Gesetzesvorschläge aus dem Paket „Fit for 55“ wieder in den federführenden Umweltausschuss zur Beratung zurück, statt eine Position dazu zu beschließen. Betroffen davon sind auch die Gesetze zur Einführung eines EU-Emissionshandels im Schiffs- und im Straßenverkehr sowie zur Einführung eines Klima-Sozialfonds und einer CO₂-Grenzabgabe auf Importe aus Drittstaaten ohne vergleichbare Klimaschutzvorgaben.

Die Einigung der Europaabgeordneten auf eine gemeinsame Haltung scheiterte hauptsächlich an zwei Punkten: Zum einen wurden Änderungsanträge an der Vorlage des EP-Umweltausschusses angenommen, die bis 2030 eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes im Emissionshandelssystem um 63 Prozent statt um 67 Prozent vorsahen.

CO₂-Grenzausgleich war Stolperstein

Zum zweiten ging es darum, wann die CO₂-Grenzabgabe (CBAM) eingeführt werden soll und wann EU-Industrieunternehmen im Gegenzug keine kostenlosen CO₂-Emissionsrechte mehr bekommen. Die EU-Kommission hat 2026 und 2035 vorgeschlagen, der EP-Umweltausschuss hat für 2025 und 2030 gestimmt. Im Plenum sollten diese Daten durch einen von den großen Fraktionen vorgelegten Änderungsantrag auf 2026 und 2032 korrigiert werden. Doch diesem Antrag fehlten schließlich 11 Stimmen zur Mehrheit, sagte der Franzose Pascal Canfin (Liberale), der Vorsitzende des Umweltausschusses. Als Anträge für die Daten 2028 und 2034 angenommen wurden, verweigerten laut dem CDU-Abgeordneten Peter Liese unter anderem Sozialdemokraten, Grüne und Konservative ihre Zustimmung zum geänderten Gesetzestext, der mit 265 zu 340 Stimmen bei 34 Enthaltungen abgelehnt wurde.

Canfin sieht bei CBAM den „Schlüssel“ für die verfehlte Mehrheit im Plenum. Er hoffe, dass „so schnell wie möglich“ ein Kompromiss gefunden werden kann. Liese hält das bis Monatsende für denkbar. Grundsätzlich stehe das Parlament hinter der CO₂-Grenzabgabe, umstritten seien lediglich die Einführungsdaten. Auch bei der Reduktion der Treibhausgase wäre das EP mit 63 Prozent immer noch über den Kommissionsvorschlag von 61 Prozent hinausgegangen und der Schiffsverkehr wäre mit 2024 früher dem Emissionshandel unterworfen worden, als von der Kommission geplant. Eine gemeinsame Parlamentsposition dennoch zu blockieren, sei „unanständig“, sagte Liese.

EU-Rat könnte Ende Juni entscheiden

„Die christdemokratische EVP hat mit der rechten Seite des Hauses versucht, den Kommissionsvorschlag zu verwässern, wo es nur möglich war“, begründete Tiemo Wölken (SPD) die Ablehnung durch die Sozialdemokraten. Michael Bloss (Grüne) sagte: „Die kostenlose Zuteilung von Emissionen für große Teile der Industrie bedeutet Gratis-Emissionen, und das können wir Grünen/EFA einfach nicht unterstützen“. Der Emissionshandel funktioniere „nur mit ambitionierten Zielen für deutlich weniger Treibhausgasausstoß“.

Die EU-Umweltminister könnten bei ihrer Ratssitzung am 28. Juni eine gemeinsame Position zu den Gesetzesvorschlägen festlegen. Dass ihnen dabei nicht die Vorstellungen des Parlaments bekannt seien, werde dem EP in den Verhandlungen mit dem Rat über den endgültigen Text schaden, glaubt Liese. „Wenn die Ratsposition schon in Stein gemeißelt ist und wir kommen dann mit Änderungswünschen, macht das die Verhandlungen schwieriger“, sagte er.

Einigung über Emissionshandel im Luftverkehr

Was den Emissionshandel im Luftverkehr angeht, steht die Position des Europäischen Parlaments fest. Ab Januar 2025 sollen Airlines keine kostenlosen Verschmutzungsrechte mehr bekommen. Das wäre zwei Jahre früher, als von der EU-Kommission vorgeschlagen. Zudem wollen die Abgeordneten den Anwendungsbereich des Emissionshandels erweitern. Außer Flügen im Europäischen Wirtschaftsraum sollen auch alle Flüge einbezogen werden, die von dort starten. Die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) begrüßte, dass das EP fordere, die Auswirkungen von Kondensstreifen und anderen „Nicht-CO2-Effekten“ auf das Klima zu beobachten. Zwei Drittel der Klimaauswirkungen des Flugverkehrs sei auf diese Effekte zurückzuführen. Das sei bisher weitgehend ignoriert worden, erklärte T&E.

Zusätzliche Anforderungen an Transportwirtschaft

Weitere Klimaschutzanforderungen für Wirtschaftsbereiche außerhalb des Emissionshandels legt die Lastenteilungsverordnung fest. Ein Textvorschlag für die Neufassung wurde vom EP mit 437 gegen 142 Stimmen bei 40 Enthaltungen angenommen. Die Abgeordneten unterstützen den Kommissionsvorschlag, die CO₂-Emissionen dieser Sektoren, zu denen trotz seiner Einbeziehung in den Emissionshandel auch der Verkehr zählt, im EU-Durchschnitt bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren. Auch die von 10 bis 50 Prozent reichenden Minderungsziele für jeden Mitgliedsstaat billigt das EP. Die Vorgabe für Deutschland lautet 50 Prozent. Einschränken wollen die Abgeordneten gegenüber dem Kommissionsvorschlag die Möglichkeiten, Einsparungen auf folgende Jahre zu verschieben oder für Reduktionsüberschüsse anzusparen. Auch der Handel von CO₂-Zertifikaten mit anderen Mitgliedsstaaten soll nach dem Willen des Umweltausschusses begrenzt werden.

EP will Aus für Verbrennungsmotor für Vans und Pkw

Weiter verschärfen will das Europaparlament die CO₂-Grenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge (Vans). Die Abgeordneten unterstützten den Kommissionsvorschlag, wonach 2035 nur noch emissionsfreie Vans und Pkw zugelassen werden sollen. Anträge der christdemokratischen EVP, die CO₂-Minderung auf 90 Prozent zu begrenzen oder die Anrechnung synthetischer Kraftstoffe auf die Flottengrenzwerte zu erlauben, wurden abgelehnt.

Grüne, Sozialdemokraten und einige Liberale setzten „alles auf die Karte Elektromobilität“, sagte der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke. „Damit ist weder dem Weltklima, noch der europäischen Wettbewerbsfähigkeit geholfen“. Jan-Christoph Oetjen (FDP) erklärte: „Statt mit allen möglichen Mitteln unsere Klimaziele technologieoffen zu erreichen, werden unsinnige Pauschalverbote beschlossen. Der Verbrennungsmotor hätte mit alternativen Kraftstoffen auch klimaneutral betrieben werden können“. Markus Ferber (CSU) sagte, da die Batteriezellen der Elektroautos überwiegend aus China stammten, „begeben wir uns mit der Absage an die Technologieneutralität in neue Abhängigkeitsverhältnisse.“

Karima Delli (Grüne), Vorsitzende des EP-Verkehrsausschusses, sagte, die Entscheidung biete die Chance für eine „historische Wende“ in der Verkehrspolitik. „Es bleiben uns 13 Jahre, um die Automobilindustrie auf ihrem Weg zu begleiten und sie zu dekarbonisieren.“

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