Adblue-Beschaffung: Umfragen von BGL und DSLV bestätigen die Probleme

Einer BGL-Mitgliederumfrage zufolge fürchten sieben von zehn Firmen, wegen des Adblue-Mangels demnächst ihre Geschäftstätigkeit einschränken zu müssen. Auch der DSLV berichtet von rasant zunehmenden Schwierigkeiten bei kleinen Unternehmen.

Adblue-Schriftzug auf dem Digital-Display einer Tankuhr. (Foto: Sven Simon/dpa)

Bei einer Umfrage des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) unter seinen Mitgliedern haben 44,5 Prozent von 609 Unternehmern angegeben, dass sie bereits verlängerte Lieferzeiten bei Adblue hätten. Drei von zehn antworteten, dass die Liefermengen reduziert sind; knapp 8 Prozent gaben an, Adblue nicht beziehen zu können.

Zwar hatte eine große Mehrheit (rund 94 Prozent) in den 14 Tagen vor der Umfrage keine Einschränkungen ihrer Geschäftstätigkeit, allerdings befürchten dies 71 Prozent in den kommenden Wochen.

Laut einer nicht repräsentativen Umfrage der DVZ auf der Social-Media-Plattform LinkedIn befürchten 69 Prozent der etwa 190 Teilnehmer einen Adblue-Mangel. Weitere 14 Prozent melden sogar schon erste Ausfälle im Transportsektor. Die restlichen 17 Prozent erwarten keine größeren Probleme bei der Verfügbarkeit.

Rasant zunehmende Probleme

Auch der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik hatte eine Umfrage unter seinen Mitgliedern gestartet. Diese bestätigt im Grunde das, was auch die Umfragen von BGL und DVZ ergeben haben. So berichteten laut DSLV Klein- und Kleinstunternehmen des Straßengüterverkehrssektors mit weniger als 25 Fahrzeugen von rasant zunehmenden Schwierigkeiten bei der Beschaffung – teilweise mit der Folge temporärer Außerbetriebnahmen einzelner Fahrzeuge.

Diese Firmen versorgten sich tendenziell eher am Spotmarkt mit Adblue, weil sie geringere Mengen abnehmen und damit Preisschwankungen ausnutzen könnten. Stilllegungen von Lkw seien aber auch auf den Fahrpersonalmangel zurückzuführen.

DSLV: „Von der Hand in den Mund“

Unabhängig von der Unternehmensgröße lebten die Betriebe bei der Beschaffung von Adblue angesichts wachsender Unsicherheiten zunehmend „von der Hand in den Mund“. Berichte über Produktionsstilllegungen mehrerer europäischer Harnstoffproduzenten vergrößerten die Unsicherheiten und führten zu einer gesteigerten, die Situation verschärfenden „Bunkermentalität“, wodurch sich noch verfügbare Mengen zusätzlich verknappen und Preise weiter anziehen, so der DSLV.

Abschließend belastbare Aussagen über die derzeitige und zukünftige Versorgungslage des für den Betrieb moderner dieselbetriebener Euro-VI-Lkw (und -Pkw) zwingend erforderlichen Harnzusatzstoffes können angesichts der unklaren Datenlage von uns heute nicht getroffen werden“, fügte der Verband hinzu. Die unklare Datenlage beruhe unter anderem auf nicht eindeutigen Aussagen über nicht mehr in Betrieb befindliche deutsche und europäische Produktionsstätten und über das tatsächliche Importmengenpotenzial für Adblue.

Der DSLV könne aber aus den Rückläufen der Umfrage einen Trend ableiten. Produzenten und Chemiehandelshäuser passten ihre Vertragskonditionen für den Verkauf von Adblue zunehmend an die drastisch gestiegenen Energiepreise und Rohstoff- und Produktionsengpässe an, indem sie vertragliche Lieferintervalle und -mengen sowie Zahlungsziele verkürzten und Preise fortlaufend und kurzfristig spürbar anhöben.

„In Erfüllung längerfristiger Lieferverträge können diese Produzenten und Chemiehandelshäuser den Adblue-Bedarf solcher Speditionshäuser, die kontinuierlich Mindestabnahmemengen garantieren, derzeit größtenteils noch decken“, so der DSLV. Dies seien überwiegend Speditionen mit größeren eigenen Lkw-Flotten mit mehr als 100 Fahrzeugen. Oder sie beauftragten externe Transportdienstleister. „Prioritär werden vor allem noch Bestandskunden, also die bereits genannten Logistikhäuser beliefert“, schreibt der Verband. Er berichtet zudem von Unternehmen, die sich Vorräte angelegt hatten und damit ihre Versorgung mit Adblue meist für mehrere Wochen gedeckt haben.

DVZ-Umfrage zu Energiepreisen

Dauerhaft hohe Energiepreise belasten die deutsche Wirtschaft mittlerweile so stark, dass Unternehmen gezwungen sind, ihre Produktion zu stoppen oder ihr Geschäft zumindest einzuschränken. Auch der Transport- und Logistikbranche setzen die Energiepreissprünge zu. Wie groß ist die Belastung für Ihr Unternehmen? Hier geht zur Umfrage bei LinkedIn.

Die Harnstofflösung Adblue wird bei der Abgasnachbehandlung von Dieselmotoren eingesetzt und bewirkt eine Verringerung der ausgestoßenen Stickoxide um bis zu 90 Prozent. Nahezu jeder Lkw der Transportbranche in Deutschland fährt laut BGL mit Diesel.

Die Ministerien für Wirtschaft und Verkehr (BMWK und BMDV) prüfen noch, was im Fall eines großflächigen Produktionsstopps von Adblue zu unternehmen ist. Diesen Eindruck vermittelten nach Aussage des BGL das Bundeswirtschaftsministerium und Minister Robert Habeck (Grüne). Am Dienstag hatte er zu einem Gespräch mit mittelständischen Unternehmen, darunter der Transportbranche geladen, um über die drohende Gasknappheit zu sprechen.

BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt machte bei dem Treffen abermals deutlich, dass Versorgungsengpässe auftreten könnten, wenn Transportunternehmen wegen fehlendem Adblue nicht mehr fahren könnten. Er befürchtet, dass in den Ministerien das Problembewusstsein nicht ausgeprägt genug sei.

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