Häfen sollen H2-Hubs werden

Deutschland soll H2-Land werden: Mit der nationalen Wasserstoffstrategie will die Bundesregierung den Grundstein für eine ganze Wasserstoffwirtschaft legen. Die Häfen könnten dabei zum wichtigen Zentrum der Wasserstoffproduktion werden.

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Deutschland soll H2-Land werden: Mit der nationalen Wasserstoffstrategie will die Bundesregierung den Grundstein für eine ganze Wasserstoffwirtschaft legen. Um die Technologie rund um den grünen Energieträger langfristig in der Industrie wettbewerbsfähig zu machen, fördert sie daher ausgewählte Verbundprojekte im Rahmen eines EU-weiten Programms mit insgesamt acht Milliarden Euro. Das soll vor allem die heimische Erzeugung von Wasserstoff stärken. Die Häfen könnten dabei zum wichtigen Zentrum der Wasserstoffproduktion werden.

Strategien der EU-Häfen

Um grünen Wasserstoff großflächig in Deutschland einzusetzen, fehlen jedoch noch ausreichende Mengen. Zudem ist die Technik nicht ausgereift. „Im Moment gibt es keinen echten Markt für Wasserstoff. Wenn Hafenbehörden aufgefordert sind, Infrastruktur zu schaffen, kostet das erstmal Geld“, sagt Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) im Gespräch mit der DVZ. Trotzdem preschen zahlreiche Häfen vor. Angefangen bei den beiden führenden europäischen Ports Rotterdam und Antwerpen. Sie sehen ein Geschäftsmodell in der Abtrennung von Wasserstoff und planen ab 2023 entsprechende Technologien einzusetzen. Aber auch hierzulande entwickeln zahlreiche Häfen Strategien, um Wasserstoff zu produzieren und zu importieren. Ein Überblick:

Hamburg Der „Wasserstoffverbund Hamburg“ ist eines dieser Projekte, das von der Bundesregierung gefördert wird. Die zwölf Unternehmen, darunter Airbus, die Hamburg Port Authority, ArcelorMittal, das Gasnetz Hamburg und GreenPlug, wollen bis 2030 ein jährliches CO2-Einsparungspotenzial von mehr als 1 Million Tonnen erreichen. Geplant ist, grünen Wasserstoff zur Dekarbonisierung zu erzeugen, eine Infrastruktur mit den beteiligten Unternehmen zur Erzeugung und Nutzung des Wasserstoffs zu schaffen und diesen über das Gasnetz zu verteilen. Auf der nächsten Verwertungsstufe soll der produzierte Wasserstoff für Mobilität sowie Transport und Logistik zur Verfügung stehen.

Bremerhaven Anfang des Jahres beantragte die Hafenmanagementgesellschaft Bremenports bei einem europäischen Projekt ein Testfeld für Wasserstofftechnologien. Es sei geplant, Bremerhaven als maritimes Testfeld „für Wasserstofftechnologien im maritimen Verkehrssektor zu profilieren“, so Bremenports-Geschäftsführer Robert Howe. Im Hafengebiet soll erneuerbare Energie erzeugt und zur Versorgung eines „Hafen-Elektrolyseurs“ genutzt werden, der grünen Wasserstoff zur Versorgung der Region produziert. Auch Umschlag-, Aufbereitungs- und Verteilungsanlagen von importiertem Wasserstoff sollen entstehen. Bis 2023 werde die gesamte Hafeninfrastruktur CO2-neutral sein, kündigte Bremenports an.

Brunsbüttel Auch am geplanten Standort des Importterminals für Flüssigerdgas werden die Chancen für grünen Wasserstoff ausgelotet (siehe DVZ Nr. 4/2021, S. 5). Hier könnte Wasserstoff mit LNG kombiniert werden. Nach einer Studie der Technischen Universität Hamburg-Harburg könnte Brunsbüttel zum Wasserstoff-Import-Hub für Norddeutschland werden. Im Rahmen des Reallabors „Westküste 100“ könnte das farblose Gas in Brunsbüttel produziert und die dabei entstehende Abwärme verwertet werden. Die Produktion soll sowohl für klimafreundliche Treibstoffe für Flugzeuge genutzt als auch in Gasnetzen verwendet werden.

Wilhelmshaven Im Rahmen der sogenannten „Wasserstoffinitiative Wilhelmshaven“ haben sich an der Nordwestküste des Jadebusens 14 regionale Unternehmen zusammengeschlossen, um ein Wasserstoff-Cluster zu etablieren. Unter der Koordination der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Wilhelmshaven soll ein übergeordnetes Gesamtkonzept entstehen, das der Stadt den Weg zur Wasserstoffhauptstadt Deutschlands ebnet. Derzeit analysiert die Deutsche Energie-Agentur Synergien zwischen den einzelnen Unternehmensprojekten und entwickelt Handlungsempfehlungen. „Zu den klaren Vorteilen Wilhelmshavens als Wasserstoffhauptstadt zählen aufgrund der günstigen geografischen Lage der geplante Hochspannungsnetz-Knotenpunkt mit 380 Kilovolt-Anschluss sowie die hohen Erzeugungskapazitäten für On- und Offshore-Windstrom in der Umgebung“, erläutert Uwe Oppitz, Sprecher der regionalen Initiativgruppe und Geschäftsführer der Rhenus Midgard Wilhelmshaven.

Stade Die Hansestadt konnte bereits Mitte des Jahres einen Erfolg im Rahmen ihrer Wasserstoffstrategie vorweisen: Das Bundesverkehrsministerium wählte den kleinen Ort an der Elbe neben den sehr viel größeren Städten Hamburg und Bremen/Bremerhaven aus, um eine gemeinsame Machbarkeitsstudie zur Anwendung von Wasserstoff zu durchlaufen. Eine Untersuchung wird darstellen, wie der Wasserstoff mit Fokus auf die Luftfahrt und Schifffahrt genutzt werden kann. Im nächsten Schritt werden gemeinsame Schwerpunkte der Wasserstoffstrategie bei Nutzfahrzeugen, Schiffbau und Luftfahrt eruiert.

Grüner Strom für grünen Wasserstoff

Voraussetzung für die heimische Produktion von Wasserstoff ist der Ausbau erneuerbarer Energien. Nach einer Studie des Deutschen Maritimen Zentrums könnte die Förderung von regenerativer Stromerzeugung den Ausbau, und die Erzeugung von Wasserstoff in Deutschland beschleunigen. Auch ZDS-Geschäftsführer Hosseus ist dieser Ansicht: „Wenn wir zu einer Klimaneutralität kommen wollen, muss der Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Offshore-Wind spielt eine maßgebliche Rolle“, sagt er.

Anschluss an das Verteilungsnetz

Dabei fällt den deutschen Nord- und Ostseehäfen eine Schlüsselrolle zu: „In den Häfen müssen ganze Fundamente wie die Turbinen, die Rotorenblätter aufs Wasser gebracht und verbaut werden. Das passiert an Standorten wie zum Beispiel Cuxhaven, Emden, Brunsbüttel oder Saßnitz. Die Häfen stehen bereit“, kündigt Hosseus an.

Eine weitere Fragestellung ist die Speicherung des Gases und der innerdeutsche Transport mit Pipelines. Deutschland wird auch in Zukunft hohe Mengen an Energie importieren, „denn wir werden den Energiebedarf nicht aus Eigenproduktion decken können“, erklärt Hosseus. „Die spannende Frage für die Häfen ist: Wo kommt der Wasserstoff her?

Für die großflächige Nutzung wären landseitig hohe Investitionen in zusätzliche Pipelines erforderlich, die Transporte per Land und per Schiff sind noch nicht ausgereift.“ Die Häfen könnten nachhaltige Transportketten und die Versorgung mit Energie sicherstellen, resümiert Hosseus.

Farbenlehre

Wasserstoff entsteht, wenn Wasser unter Strom gesetzt wird und durch Elektrolyse in seine Bestandteile, Wasserstoff und Sauerstoff, aufgespalten wird. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterteilt Wasserstoff aus Basis seiner Herkunft in vier verschiedene Kategorien:

Grüner Wasserstoff

wird aus der CO2 -freien Produktion aus erneuerbaren Quellen hergestellt.

Grauer Wasserstoff

entsteht bei der Elektrolyse von fossilen Brennstoffen, beispielsweise Erdgas, und wird ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben.

Blauer Wasserstoff

wird erzeugt, wenn grauer Wasserstoff gespeichert wird und nicht in die Atmosphäre gelangt.

Türkiser Wasserstoff

entsteht, wenn das chemische Gas über die Spaltung von Methan CO2-neutral erzeugt wird.

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