Fraport unter Druck wegen Beteiligung am Flughafen Sankt Petersburg

Die geschäftliche Verbindung der Flughafenbetreiberin in Russland wird bis in politische Kreise hinein mit Irritation zur Kenntnis genommen. Das Unternehmen distanziert sich inzwischen vehement von seinem finanziellen Engagement und unternimmt juristische Schritte, um an sein Geld zu kommen.

Fraport versucht, sich von ihrem geschäftlichen Engagement in Russland zu lösen. Die Betreiberin des Frankfurter Flughafens hält einen Gesellschaftsanteil in Höhe von derzeit 25 Prozent an dem russischen Unternehmen Northern Capital Gateway (NCG).

Dieses betreibt den Flughafen Pulkowo in Sankt Petersburg. Der Vertrag wurde laut Fraport 2009 geschlossen, hat eine Laufzeit von 30 Jahren und ist nicht kündbar. Fraport habe Vermögenswerte im Umfang eines unteren dreistelligen Millionenbetrages in die Unternehmung eingebracht, so das Unternehmen gegenüber der DVZ.

Die Flughafenbetreiberin steht laut Branchenkreisen wegen der Beteiligung zunehmend unter Druck. Es werde bis in politische Kreise hinein mit Irritation zur Kenntnis genommen, dass Fraport trotz der Sanktionen gegen Russland und der sich zuspitzenden Situation in der Ukraine weiterhin geschäftliche Verbindungen mit einem russischen Unternehmen unterhalte, heißt es im Umfeld des Unternehmens.

Delikate geschäftliche Verbindung

Dies gelte umso mehr, da Fraport als mehrheitlich öffentliches Unternehmen unter verschärfter Beobachtung stehe. Das Bundesland Hessen hält 31,31 Prozent der Fraport, die Stadtwerke Frankfurt am Main Holding 20,48 Prozent.

Die geschäftliche Verbindung steht in der Politik nicht erst seit der Zuspitzung der Ukraine-Krise unter Beobachtung. Denn unabhängig von der aktuellen Lage tauchte die Konstruktion der Fraport-Beteiligung bereits Anfang Oktober des vergangenen Jahres in Medienberichten über die sogenannten Pandora Papers auf und geriet in den Fokus der Politik.

Fraport hält ihre Anteile an der Flughafenbetreiberin NCG nicht direkt, sondern über deren zyprische Muttergesellschaft Thalita Trading Ltd (TTL). Sowohl TTL als auch NCG wurden gemeinschaftlich gegründet durch Fraport, die griechische Copelouzos Group sowie die russische Staatsbank VTB. Letztere unterliegt bereits seit 2014 den wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland verhängten Sanktionen der Europäischen Union und der USA.

Politik alarmiert

Fraport hatte weder aus der ursprünglichen Gesellschafterstruktur noch der Konstruktion ihrer eigenen Beteiligung ein Geheimnis gemacht; die Information über die Umstände der Gründung von TTL und NCG findet sich etwa im Geschäftsbericht des Jahres 2018. Doch dass ein zu mehr als der Hälfte dem deutschen Steuerzahler gehörendes Unternehmen Geschäfte mit einer seit Jahren sanktionierten Bank unterhält, alarmierte die Politik erst nach den Medienberichten.

Auch dass die Fraport-Beteiligung an TTL aus offensichtlich steuerlichen Gründen über eine Offshore-Firma auf Malta erfolgte, die Fraport Malta Business Services Ltd., sorgte in der hessischen Politik für Fragen.

Hessens Finanzminister Michael Boddenberg, seit Mai 2020 auch Aufsichtsratsvorsitzender der Fraport, sah sich bemüßigt, die in den Pandora Papers bekannt gewordenen Details untersuchen zu lassen und eine etwaige Steuerkriminalität „konsequent zu verfolgen“, wie Boddenberg am 4. Oktober 2021 mitteilte.

Am 7. Oktober 2021 stellte FDP-Fraktionsvorsitzender René Rock dann im hessischen Landtag einen sogenannten dringlichen Berichtsantrag, in dem die Landesregierung ersucht wurde, „Stellung zu nehmen sowie für lückenlose Aufklärung zu sorgen“.

Beteiligungsverkauf vertraglich ausgeschlossen

Fraport betont gegenüber der DVZ, dass sie in Sankt Petersburg kein Personal stelle, nicht in die operativen Abläufe der Unternehmung involviert sei und zudem keine weiteren Geschäftsaktivitäten in Russland und mit russischen Unternehmen unterhalte.

Die Flughafenbetreiberin legt großen Wert darauf, dem Eindruck entgegenzuwirken, sie könnte über ihr finanzielles Engagement hinaus in einer tragenden Funktion in die geschäftlichen Abläufe und Entscheidungen involviert sein. Die Rolle von Fraport habe vielmehr darin bestanden, Know-how und Beratung zu stellen, so Fraport gegenüber der DVZ. Dies habe die Flughafenbetreiberin inzwischen eingestellt.

Laut Fraport unternimmt das Unternehmen derzeit juristische Schritte, um die in der Gesellschaftsbeteiligung steckenden Vermögenswerte zurückzubekommen. Alles andere könnte darauf hinauslaufen, Russland Geld zu schenken, so Fraport gegenüber der DVZ. Es stehe dem Unternehmen allerdings nicht frei, seinen Gesellschaftsanteil zu verkaufen, so Fraport; dies sei vertraglich ausgeschlossen.

Beobachter halten es für möglich, dass Fraport das Geld werde abschreiben müssen. Einer juristischen Auseinandersetzung werde selbst innerhalb des Konzerns wenig Aussicht auf Erfolg eingeräumt, heißt es in Unternehmenskreisen. Es werde Fraport-intern sogar mit der Möglichkeit gerechnet, dass der russische Staat das Fraport-Vermögen einziehen könnte.

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