Digitalexperte: „Logistik wird Charakter als B2B-Branche verlieren“

Christoph Bornschein, CEO der Berliner Digitalagentur TLGG, sieht die Logistik auf dem Weg zu einer B2B2C-Branche. Er meint zudem, dass es an der Zeit ist, den Gewinn an Effizienz an die Beschäftigten zurückzugeben.

Christoph Bornschein, CEO der Berliner Digitalagentur TLGG, bei seiner Rede im Rahmen des Deutschen Logistik-Kongresses. (Foto: BVL/Bublitz)

Christoph Bornschein, CEO der Berliner Digitalagentur TLGG, sieht die Logistik auf dem Weg zu einer B2B2C-Branche, „die den Endkunden mit inkludiert und vor allen Dingen über Nachhaltigkeit versuchen wird, Wettbewerbsfähigkeit des Endproduktes zu erzielen“. Das betonte der Digitalexperte und Multi-Aufsichtsrat in seinem Vortrag beim Deutschen Logistik-Kongress, der in diesem Jahr rein via Internet übertragen wird.

„Die Logistik wird ihren Charakter als B2B-Branche verlieren“, ist Bornschein überzeugt. Auch die Logistikbranche werde viel stärker darauf schauen müssen, was der Endkundennutzen einer veränderten Logistik ist. Als Paradebeispiel für B2B2C nannte Bornschein Amazon.

Technische und digitale Entwicklungen sorgen laut Bornschein vor allem in sechs Bereichen für Veränderungen: Fahrzeugtechnik, alternative Transportmittel, Planung und Betrieb, Lager- und Intralogistik, Zustellung und Verteillogistik sowie Arbeitsbedingungen. Beim Transport erwartet er noch lange keinen Ersatz der menschlichen Fähigkeiten, hier gehe es eher um zunehmende Automatisierung durch Assistenzsysteme. Sowieso gehe es in keiner Branche um die Frage, ob Algorithmen Menschen ersetzen, stellte Bornschein klar. Sondern es gehe vielmehr darum, dass sich Menschen stärker auf ihre eigentlichen Fähigkeiten fokussieren können und Algorithmen das übernehmen, was sowieso schon immer menschenunwürdige Tätigkeit war. Die Diskussion Mensch gegen Maschine sei auch etwas sehr Deutsches.

Des Weiteren erhöhe die Digitalisierung die Attraktivität alternativer Transportmittel. So könnte der LKW laut Bornschein irgendwann nicht mehr so dominant sein, wie er es heute ist. Als Beispiele für Alternativen nannte er womöglich einen unterirdischen Transport, die schienengebundenen Transporte sowie die Entwicklungen im Lufttransport, womit er vor allem Drohnen meint. „Wir werden noch Transportformate sehen, die wir bisher noch gar nicht richtig auf dem Schirm hatten“, ist Bornschein überzeugt. Ebenso werde es Technik mit Blick auf die Transportkapazitäten ermöglichen, bei gleichem Ressourceneinsatz mehr herauszuholen. Eine optimierte Transportplanung und bessere Auslastung werde aber keinen Wettbewerbsvorteil bringen. „Der Sprung zu deutlich mehr Wettbewerbsfähigkeit gelingt mit Effizienzsteigerungen selten, weil diese irgendwann allen am Markt zur Verfügung stehen“, sagte Bornschein weiter.

Am intensivsten beschäftigt sich Bornschein derzeit mit der digitalen Vernetzung auf der letzten Meile. „Der Kampf um die letzte Meile wird weitergehen“, betonte er. Beim Thema Mikromobilität, Mikro-Fulfillment, dezentrale Lager sieht er noch lange nicht das Ende aller Innovationen.

„Für den Menschen digitalisieren“

Bornschein meint zudem, dass es an der Zeit ist, den Gewinn an Effizienz an die Logistikbeschäftigten in Form von angemessener Vergütung und Arbeitszeit zurückzugeben. Explizit nannte er hier die LKW-Fahrer, die immer knapper werden. Der Mensch müsse wieder in den Mittelpunkt, weshalb auch für den Menschen digitalisiert werden sollte. „Ansonsten gibt es in der Logistik irgendwann niemanden mehr, der die Arbeit machen will“, fügte er hinzu.

In Sachen Nachhaltigkeit sieht Bornschein fünf Trends. Dazu gehöre das Thema Reverse Logistics, also die Rückführung von hochwertigeren Produkten in den Kreislauf, ebenso wie kreislaufbasierte Fertigungstechnik und wiederverwendbare Verpackungssysteme. Dabei werde der Konsument eine große Rolle spielen. Auch die dezentrale Wertschöpfung und autonome Systeme seien relevant.

Schlussendlich gehe es für Unternehmen um drei Dinge: Erstens zu verstehen, wohin es geht, zweitens die Verantwortung für diese Veränderung zu übernehmen und drittens zu verstehen, dass das alleine alles nicht zu schaffen sein wird. Bornschein: „Ich glaube, dass wir neue Formen von Coopetition, also Kombinationen von Kooperation und Wettbewerb, sehen werden.“

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