Autologistiker fürchten neue IMO-Klimaschutzregeln

Wenn die Energieeffizienzvorgaben der International Maritime Organisation (IMO) 2023 so wie derzeit geplant in Kraft treten, würden fast 90 Prozent der aktuellen RoRo-Flotte sie nicht erfüllen können, fürchtet die Branche. Grund ist die spezielle Bauweise der Auto-Transportschiffe.

Auto-Transporter (hier im Hafen von Singapur) sind anders konstruiert als die meisten anderen Schiffstypen. (Foto: Hit1912/adobe.stock.com)

Der weltweite Transport von Fahrzeugen über die Weltmeere wird ab 2023 deutlich schwieriger, wenn die Klimaschutzpläne der International Maritime Organisation (IMO) in der derzeitigen Fassung umgesetzt werden. Davor warnt der europäische Verband der Fertigfahrzeuglogistiker ECG. Grund ist die spezielle Bauweise der Roll-on-Roll-off-Schiffe, die Autos transportieren. Diese hätten im Verhältnis zu ihrem Gesamtgewicht ein viel größeres Volumen als alle anderen Schiffstypen, sagte Mike Sturgeon, Geschäftsführender Direktor von ECG, zur DVZ. Das führe nach der geplanten Energieeffizienzformel der IMO zu Klimaschutzvorgaben, die wahrscheinlich 87 Prozent der globalen Flotte nicht erfüllen könnten.

Da Reedern hohe Strafen drohen, wenn ihre Schiffe den IMO-Normen nicht entsprechen, würden viele Ro-Ro-Autocarrier wohl 10 bis 20 Jahre früher als geplant außer Dienst gestellt, sagte Sturgeon. Oder sie müssten ihre Motorleistung drosseln, könnten statt mit 19 nur noch mit etwa 16 Knoten fahren. „Das würde dazu führen, dass die Schiffe länger für ihre Touren brauchen. Es könnten weniger Fahrzeuge transportiert werden, die Gesamtkapazität würde sinken. Außerdem könnten Wünsche der Kunden nach besonders rascher Belieferung nicht mehr erfüllt werden“, so Sturgeon. Die Branche sei „sehr beunruhigt“.

Ziel der IMO ist es, bis 2030 die globalen CO2-Emissionen der Seeschifffahrt, gemessen an der Transportleistung, um mindestens 40 Prozent unter das Niveau von 2008 zu senken. Erreicht werden soll das durch einen Mix aus technischen Änderungen und Veränderungen beim Betrieb von Schiffen. Für neue Schiffe gibt es bereits Vorgaben, derzeit wird an entsprechenden Regeln für vor 2013 gebaute Schiffe gearbeitet. Der Energy Efficience Existing Ship Index (EEXI) hat gute Chancen, im Juni vom IMO-Umweltausschuss (MEPC) verabschiedet zu werden und ab 2023 in Kraft zu treten.

Branche fordert einen EEXI-Korrekturfaktor

Reedereien, die viel Geld in moderne RoRo-Fähren investiert hätten, würden durch diesen Index bestraft, sagte Sturgeon. Dabei steckten sie wegen der Halbleiterknappheit in der Automobilindustrie ohnehin in der Krise. ECG und Reedereien fordern einen EEXI-Korrekturfaktor für Auto-Transporter. Helfen könnte ihrer Meinung nach auch, bei diesem Schiffstyp die Bruttoraumzahl (Gross Tonnage) statt der Tragfähigkeit (Deadweight Tonnage) zur Berechnungsgrundlage zu machen.

Die nationalen Reederverbände wichtiger europäischer IMO-Mitgliedstaaten wie Griechenland, Malta oder Italien wollen sich für Änderungen einsetzen. Doch die Chancen auf einen Erfolg bis Juni werden angesichts der mühsamen Entscheidungsprozesse in der IMO in der Branche pessimistisch beurteilt. „Fachleute sagen mir, dass es schon ‚eine Minute vor Zwölf‘ ist“, sagte Sturgeon. Er hofft darauf, dass der EEXI-Korrekturfaktor für Auto-Transporter zumindest später noch akzeptiert wird. Notfalls müssten die Schiffe ab 2023 eine Weile mit gedrosselter Geschwindigkeit fahren.

Was mit weniger Tempo erreicht werden kann, zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie, die von den Umweltorganisationen IFAW und Ocean Care für das belgische Umweltministerium erstellt wurde. Dafür wurden Schifffahrtsdaten aus der Nordsee analysiert. Fahren die Schiffe höchstens mit 75 Prozent ihrer Maximalgeschwindigkeit, sinke der Ausstoß von CO2, Schwefeloxiden, Stickoxiden und Ruß um ein Zehntel und auch der Unterwasserlärm werde beträchtlich vermindert, schreiben die Autoren. Für Behörden sei die Tempobegrenzung leicht umzusetzen und zu kontrollieren.

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