BASF konzipiert Tankschiff für Niedrigwasser-Situationen

Niedrige Wasserstände auf dem Rhein bescherten dem Chemiekonzern in der jüngsten Vergangenheit Versorgungsprobleme. Mt Stolt Tankers baut BASF jetzt ein spezielles Binnenschiff, das auch bei kritischen Wassertiefen noch Ladung transportieren kann.

Foto: BASF

Mit der Reederei Stolt Tankers will das Chemieunternehmen BASF seine Pläne für ein neuartiges Binnenschiff umsetzen, das bei Niedrigwasser besser klarkommt als andere. Das Tankschiff soll mit einer Länge von 135 Metern und einer Breite von 17,5 Metern zu den größten seiner Art auf dem Rhein gehören, dabei aber von einer bei der Seeschifffahrt abgeschauten Leichtbauweise und einem Bug mit optimierter Form profitieren, wie die Partner am Donnerstag mitteilten. Der DVZ-Brief hatte bereits vergangenen Sommer über die Entwicklung des Schiffstyps berichtet.

Das mit zehn Edelstahltanks und drei getrennten Ladesystemen ausgestattete Schiff werde „einen neuen Maßstab für den Transport von Gütern auf dem Rhein setzen, insbesondere in Niedrigwassersituationen“, wurde der President von Stolt Tankers, Lucas Vos, nach Unterzeichnung der Verträge zitiert. „Es ermöglicht Schiffstransporte, auch wenn die Pegel immer unberechenbarer werden.“ Nach Einschätzung der BASF kann das Schiff den Pegel Kaub noch mit 650 Tonnen Ladung passieren, wenn dieser nur noch kritische 30 Zentimeter misst, was einer Wassertiefe von etwa 1,60 Meter entspricht. „Das ist deutlich mehr als bei jedem anderen heute verfügbaren Tankschiff.“

Bei mittlerem Niedrigwasser (115 Zentimeter am Pegel Kaub) sei noch eine Ladung von rund 2.500 Tonnen möglich – doppelt so viel wie bei konventionellen Schiffen. In knapp zwei Jahren, Ende 2022,  soll der neue Schiffstyp erstmals ablegen. Die Verträge sehen vor, dass Stolt Tankers – Tochter der Stolt-Nielsen Limited (Bermuda) und nach eigenen Angaben weltweit größter Betreiber hoch entwickelter Chemietanker – das Schiff baut und für die BASF betreibt. Verantwortlich für den Bau ist die Mercurius Shipping Group, ein niederländischer Projektentwickler. Zu den Kosten des Schiffs, das deutlich größer als gängige Rhein-Tankschiffe ist, macht BASF keine Angaben.

Mit dem Projekt reagiert der Chemieriese auf die Erfahrungen aus dem Jahr 2018, als anhaltendes Rhein-Niedrigwasser die Rohstoffversorgung des BASF-Stammwerks in Ludwigshafen nahezu zum Erliegen brachte. Das kostete das Unternehmen einen dreistelligen Millionenbetrag beim operativen Ergebnis auf Ebit-Basis. Die BASF kam zu dem Schluss, „dass derartige Ereignisse in Zukunft häufiger eintreten können“ und ergriff zur Versorgung der Produktion in Ludwigshafen eine „ganze Reihe von Maßnahmen“, wie Werksleiter Uwe Liebelt sich erinnert. „Ein wichtiges Element unserer Überlegungen war es, über ein Schiff zu verfügen, das selbst bei niedrigsten Rheinpegelständen noch wesentliche Mengen verlässlich transportieren kann.“ Das Problem dabei: Am Markt habe es kein solches Schiff gegeben, so Liebelt. Also wurde die BASF selbst aktiv.

Leichtbau bei stabiler Struktur

Das Schiffsdesign entwickelte das Unternehmen zusammen mit einer Arbeitsgemeinschaft, zu der neben dem Duisburger Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST), Technolog Services und Agnos Gesellschaft für Unternehmensentwicklung gehören. Stolt Tankers steuerte Fachwissen bei der Ausarbeitung der Details bei. Hauptziel war laut BASF eine hohe Tragfähigkeit des Schiffes bei geringem Tiefgang. Die Entwickler setzten auf Leichtbauweise und übertrugen Methoden aus dem Seeschiffbau auf das Binnenschiff: Das Stahlgewicht des Mittelschiffs, das rund 80 Prozent des Gesamtgewichts ausmacht, wurde deutlich verringert, zugleich wurde Sorge getragen, dass die Struktur stabil bleibt. Um zu verhindern, dass die im Vergleich zu normalen Schiffen deutlich erhöhte Breite zu mehr Wasserwiderstand führt und um das Strömungsverhalten zu verbessern, wurde die Form des Bugs getestet – mit einem Modell in der DST-Versuchsanlage.

Drei Propeller – zwei kleine äußere und ein größerer in der Mitte – sollen für optimalen Antrieb bei jedem Wasserstand sorgen. Dahinter sind Elektromotoren geschaltet, die von Dieselgeneratoren mit moderner Abgasnachbehandlung gespeist werden. Sie könnten den Angaben zufolge eines Tages durch andere Generator-Typen - zum Beispiel mit Wasserstoff-Brennstoffzellen - ersetzt werden. Die „signifikant höhere Tragfertigkeit“ im Vergleich zu anderen Schiffen soll außerdem „ganzjährig auch zu einer Einsparung von Transporten führen“.

Die BASF, die alle Rechte an den technischen Unterlagen der Schiffsdesign-Entwicklung hält, sieht sich mit dem Projekt auf einem guten Weg. „Wir erwarten, dass wir mit unserem neuen Tankschiffdesign einen neuen Maßstab setzen werden für den Transport von flüssigen Gütern auf dem Rhein und dass weitere Schiffe dieses Typs entweder als Nachbauten in Lizenz von BASF oder als eigene Weiterentwicklung durch die Reederschaft erfolgen werden“, so das Unternehmen. „Es ist auch in unserem Interesse, dass weitere Schiffe dieses Typs schnell in den Markt kommen“. Daher sei man jederzeit bereit, mit interessierten Parteien über die Lizenzvergabe zu sprechen. (jpn)

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