Auch Binnenschifffahrt hofft auf EU-Wiederaufbauprogramm

Alle Verkehrsträger schielen auf die Milliarden aus dem Corona-Wiederaufbauprogramm der EU. Auch die Binnenschifffahrtsbranche würde damit gerne wichtige Investitionen finanzieren. Das wurde bei einer Fachkonferenz deutlich.

Damit Binnenschiffe in Europa 2050 gut 50 Prozent mehr Fracht befördern als derzeit, wie es die EU-Kommission in ihrer verkehrspolitischen Strategie als Ziel formuliert hat, muss noch viel in Infrastruktur und „grünere“ Schiffe investiert werden. Gegen diese These gab es bei der virtuellen, europäischen Binnenschifffahrtskonferenz „Platina 3“ keinen Widerspruch. Ein Patentrezept für die Finanzierung hat allerdings niemand. Die von zahlreichen kleinen Familienunternehmen geprägte Branche tut sich mit Investitionen schwer.

„Wir brauchen gezielte Förderung“, sagte Theresia Hacksteiner, Generalsekretärin des EU-Branchenverbandes EBU. Wichtig sei die erwartete Neuauflage des EU-Förderprogrammes Naiades, aber die Branche brauche mehr maßgeschneiderte Unterstützung. Hacksteiner rief die EU-Staaten auf, das Corona-Wiederaufbauprogramm der EU zu nutzen, um etwa die Umrüstung von Binnenschiffen auf nachhaltigere Antriebe und Kraftstoffe zu fördern.

Kritik an langsamen Fortschritten

Wie andere Verkehrsträger auch, setzt die Binnenschifffahrtsbranche große Hoffnungen darauf, von dem insgesamt 750 Milliarden Euro schweren Corona-Programm zu profitieren. Über die Hälfte des Geldes soll zur Förderung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung eingesetzt werden. Bis Ende April müssen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Ausgabepläne bei der EU-Kommission einreichen. „Wir würden gerne mehr Binnenschifffahrtsprojekte darin sehen“, sagte Daniela Rosca, Referatsleiterin für Häfen und Binnenschifffahrt bei der Kommission.

Die nationalen Ausgabenpläne werden von der Kommission bewertet und brauchen die Zustimmung des EU-Ministerrates, bevor Geld fließen kann. Marian-Jean Marinescu, verkehrspolitischer Koordinator der Europäischen Volkspartei, der größten Fraktion im Europäischen Parlament, betont allerdings, dass der Ausbau grenzüberschreitender Infrastruktur wie des EU-Wasserstraßennetzes nur dann optimalen Nutzen bringt, wenn alle Länder an einem Strang ziehen. „Leider“ hätten es die Mitgliedstaaten letztlich selbst in der Hand, wofür sie das Geld aus dem Wiederaufbauprogramm ausgeben. „Ich bin neugierig, ob das den nötigen europäischen Mehrwert schaffen wird“, sagte Marinescu.

Die Binnenschifffahrt macht ihm zu wenige Fortschritte. Seit 10 Jahren gebe es eine europäische Donauraumstrategie und viele Pläne und Ziele. „Aber in der Praxis haben wir nicht so viel erreicht“, kritisierte Marinescu. Das von Binnenschiffen auf der Donau transportierte Frachtvolumen sei in manchen Jahren sogar gesunken.

Flottenerneuerung muss sich rechnen

Der Infrastrukturausbau ist überwiegend Aufgabe der öffentlichen Hand, bei der Modernisierung von Schiffen ist die Branche gefordert. Doch viele kleine Binnenschifffahrtsunternehmen tun sich schwer. 60 Prozent aller EU-Binnenschiffe seien älter als 50 Jahre und 60 Prozent kleiner als 82 Meter, sagte Marco van Beek, der bei der niederländischen Rabobank für Binnenschifffahrtsfinanzierung verantwortlich ist. Da lohne sich der Einbau neuer Motoren oft nicht. „Die Margen in der Binnenschifffahrt sind schmal. Viele Unternehmen haben geringe Einkünfte und kommen nur schwer an Kredite“, sagte van Beek. Für ein „Greening“ der Flotten seien deshalb Fördermittel und Anreize nötig.

Das größte Hindernis für die Flottenerneuerung sei, dass es keinen „Businesscase“ dafür gebe, heißt es auch im Jahresbericht der europäischen Binnenschifffahrtsplattform IWT. Jeder Unternehmer sei darauf angewiesen, dass sich seine Investitionen rentieren. „Wenn unsere Kunden keine ‚grünen‘ Lösungen nachfragen und nicht bereit sind, den Marktpreis dafür zu bezahlen, dann werden wir keinen Erfolg haben“, sagte Gunther Jaegers von der Duisburger Reederei Jaegers.

Theresia Hacksteiner betonte, alle Teilnehmer der Lieferkette – auch die Verlader - müssten Verantwortung übernehmen und für nachhaltige Transporte zahlen. „Aber am Ende gewinnt immer der Markt“, sagte Hacksteiner. Dort stünden weiterhin niedrigere Preise und kurze Transportzeiten im Mittelpunkt.

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