„Die Empfänger werden zu Regisseuren ihrer Sendung“

Wird der enorme Boom des E-Commerce in Coronazeiten zu einer Überlastung der Paketbranche führen? Diese Frage beantwortet Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik, im Thesencheck der DVZ.

Der Biek-Vorsitzende Marten Bosselmann sieht die Kep-Branche vor großen Aufgaben. (Foto: Ferdinand Bosselmann)

Wird der enorme Boom des E-Commerce in Coronazeiten zu einer Überlastung der Paketbranche führen? Diese Frage beantwortet Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik, im Thesencheck der DVZ.

These: Der enorme Boom des E-Commerce in Coronazeiten ist Vorbote für eine exponentielle Entwicklung im Online-Handel – welche die KEP-Dienste mit ihren bisherigen Strukturen nicht werden bewältigen können.

Falsch. Der Trend steigender Paketmengen wurde durch die Corona-Pandemie verstärkt, hält aber bereits seit Jahren an. Wir – die Paketbranche – sind es daher gewohnt, uns schnell und flexibel auf Veränderungen einzustellen. Wir meistern mit viel Know-how die Herausforderungen, die mit den steigenden Paketmengen einhergehen. Und auch künftig werden wir geeignete Lösungen auf die Straße bringen, da bin ich ganz unbesorgt.

Eine leistungsfähige Infrastruktur, eine vorausschauende Planung, effiziente Zustellprozesse, gutes Personal und moderne Fahrzeuge sind unsere Grundvoraussetzungen dafür, die rasant steigenden Mengen zu bewältigen. Ich würde nicht von „bisherigen“ und „künftigen“ Strukturen sprechen – wir optimieren unsere Strukturen laufend.

Damit wir die steigende Nachfrage auch künftig zuverlässig bedienen können, erhöhen wir mit digitalen Innovationen und automatisierten Prozessen unsere Effizienz entlang der gesamten Logistikkette. Das beginnt schon im Depot: Sendungen werden automatisch gescannt und zugeteilt, Sortieranlagen fertigen immer mehr Pakete ab. Software optimiert die Tourenplanung, sodass Sendungen kurzfristig storniert oder umgeleitet werden können. Das alles hilft uns dabei, die Auslastung der Fahrzeuge zu steigern, unnötige Verkehre zu vermeiden und schon beim ersten Versuch zuzustellen.

Eine nicht unerhebliche Rolle werden in Zukunft auch autonom fahrende Zustellfahrzeuge spielen: Sie werden in urbanen Ballungsräumen unsere Zusteller von Routinetätigkeiten entlasten, damit sie sich ausschließlich der Kundenbelieferung widmen können. In Kombination mit Tourenplanungssoftware können autonome Zustellfahrzeuge optimale Zustellrouten fahren, was den Verkehr entlastet und Emissionen mindert. Genauso reduziert die Nutzung von Mikro-Depots in Kombination mit Lastenfahrrädern Verkehre und Emissionen in dicht besiedelten Gebieten – auch hierbei sind wir überall in Deutschland aktiv.

Die Bedeutung einer erfolgreichen Erstzustellung steigt mit den zunehmenden Sendungsmengen. Die Digitalisierung der letzten Meile ist dabei ein wichtiges Stichwort. Wir machen die Empfänger zu Regisseuren ihrer Sendung. Sie wissen heute schon oft, wann genau ihr Paket kommt und können ihre Sendung anhand vielfältiger Optionen umleiten. Das Paket kann im Paketshop, einer Paketbox oder -station, am Arbeitsplatz, beim Wunschnachbarn oder – wenn es der Empfänger erlaubt – irgendwo auf seinem Grundstück abgelegt werden. So sinkt die Quote erfolgloser Zustellversuche und somit auch der Verkehr. Das alles werden wir noch stärker ausbauen.

Für all diese Investitionen brauchen wir aber eins: gleiche Voraussetzungen für alle Marktteilnehmer und damit keine ungerechtfertigten Privilegierungen ehemaliger Staatskonzerne. Da alle Paketdienstleister gleichermaßen in eine zukunftsfähige, starke Paketlogistik investieren, müssen auch alle Unternehmen von der Politik gleich behandelt werden.

Ich komme zurück zur These: „Die Paketdienste können die steigenden Sendungsmengen mit ihren bisherigen Strukturen nicht stemmen.“ Wenn wir keine Innovationsbereitschaft zeigen würden, würde das zutreffen. Das ist aber mitnichten der Fall. Die Kurier- Express- und Paketbranche ist – ich sage es immer wieder gerne, weil es stimmt – die Avantgarde der Logistik. Unsere Strukturen befinden sich in einem ständigen Wandel, mit den klaren Zielen: mehr Effizienz, mehr Kundenorientierung und mehr Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferkette. (ben)

Marten Bosselmann ist Vorsitzender des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik

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